«Ferien sind eher das Letzte, woran die Leute sparen»

Angela Diethelm weiss: «Sehr gefragt ist Dubai, allgemein der Orient.» (Bild: zVg)

Reisen litten während Corona besonders. Nun sind alle Massnahmen aufgehoben und auch der Schweizer kann wieder (fast) überall hin in die Ferien. Ein Gespräch mit Angela Diethelm von Diga Reisen in Galgenen über die aktuelle Situation, Ziele für 2023 und die Kreuzfahrt.

2023 wird das erste «normale» Reise­jahr nach der Pandemie. Einverstanden?
Corona ist vorbei, aber normal ist nichts mehr. Es gibt Krieg, es ist immer irgendetwas. Seit Corona hat sich alles verändert.

Was bleibt, ist Ostern. Zeichnen sich schon Trends ab?
Nicht wirklich. Im Moment sind Februar und März der absolute Renner. Das ist, was sich geändert hat, die Kurzfristigkeit. Die Leute planen nicht mehr ewig weit voraus. Darum ist Ostern nah, aber gleichzeitig weit weg. Jetzt wollen alle in die Wärme, Thailand, Karibik, Malediven.

Ihre Empfehlung für Ostern?
Während der Pandemie lag Ägypten im Trend, einfach, weil es bereisbar war. Jetzt ist alles wieder offen, die Reisen teilen sich auf die verschiedenen Destinationen auf. Zu Ostern sind die Kanaren wie immer beliebt. Sehr gefragt ist ausserdem Dubai, allgemein der Orient.

«Seit Coronahat sich alles verändert.»

Wie sieht es aus mit Städtereisen im Frühjahr?
Barcelona ist immer noch sehr beliebt, auch weil es jetzt langsam warm ist. Sonst München oder Hamburg. Für London braucht man neu einen Pass. Der ist oft nicht vorhanden, daher fällt dieses Ziel leider weg.

Und mit Blick auf den Sommer?
Bei uns ist der Norden wieder extrem gefragt. Vieles ist teilweise schon ausgebucht.

Warum zieht es die Menschen nach Skandinavien, wenn es bei uns endlich warm ist?
Es ist auch dort nicht immer nur kühl im Sommer. Als ich das letzte Mal in Lappland war, hatte es bis zu 30 Grad. Viele schätzen das individuelle Unterwegssein, abseits der Masse. Das findet man dort. Wir verkaufen Mietwagen-Rundreisen mit vor gebuchten Hotels.

Gibt es eigentlich Länder mit Corona-Einschränkungen?
Ja, die USA sind eines der bekanntesten. Sie haben das auch vor Kurzem verlängert. Man muss zweifach geimpft sein. Es gibt sicher auch sonst noch ein paar Länder mit Einschränkungen, die aber nicht zu den Haupttouristenzielen gehören.

Gemäss Umfragen zählt Wellness zu den aktuellen Reisetrends. Würden Sie das bestätigen?
Es gibt einen Prospekt Wellness, in Österreich und Deutschland hat es einige Hotels. Aber es ist nicht mehr so gefragt, weil es einfach teuer geworden ist. Wellnessferien waren noch nie günstig und jetzt sind die Preise noch gestiegen.

Eine Entwicklung, die allgemein zu beobachten ist. Schauen die Kunden deshalb wieder mehr aufs Geld?
Die Kunden wollen wieder reisen und die schönsten Tage im Jahr geniessen. Nach fast drei Jahren ohne Reisen sind die Kunden bereit, auch etwas mehr für ihren Urlaub auszugeben. Die Preise sind gestiegen, vor allem zum Beispiel in Spanien ist das stark zu beobachten, mit 15 bis 20 Prozent. Der Mensch will aber wieder reisen, und deshalb hat das keinen grossen Einfluss auf die Buchungszahlen.

«Die Kunden wollen wieder reisen.»

Ganz generell: Merkte man den Ansturm aufs Reisebüro nach Corona sofort?
Bei uns hat es im April 2022 angefangen. Wir konnten uns vor Anfragen kaum retten. Die Leute planen heute nicht mehr langfristig, das ist noch in den Köpfen von Corona. Aber im Moment ist Zuwarten einfach das Falsche, weil viele Destinationen bereits voll sind. Zum Beispiel Thailand. Da ist jetzt gerade Hochsaison. Und darum sind auch die Preise nicht mehr so tief. Thailand hatte sonst immer ein super Preis-Leistungs-Verhältnis.

Welche Alternativen können Sie mir anbieten?
Als Alternative für Thailand ist der Süden Omans zu empfehlen. Lange und wunderschöne Strände sind dort zu finden und die Temperaturen sind angenehm, um Badeferien zu verbringen. Ebenfalls kann diese Destination gut erreicht werden mit dem Flugzeug.

Während Corona hatten die Reise-Veranstalter teilweise spezielle Buchungsbedingungen, wie zum Beispiel vereinfachte Stornoregeln. Ein Service, der beibehalten wurde?
Gewisse Dinge sind noch vorhanden, aber es wird nicht mehr damit aktiv geworben. Der Kunde fragt auch nicht danach.

Zu Ihrem Service während der Pandemie gehörte, dass Sie Kunden auf dem Laufenden hielten, wenn es zu Änderungen von Aus- oder Einreisebestimmungen in die Feriendestination kam.
Das war auch schon unabhängig von Corona so. Wenn sich irgendetwas im Land tut, informieren wir. Das ist es, was das Reisebüro ausmacht. Wir sind da. Wenn eine Änderung kommt, informieren wir und kümmern uns darum.

«Kommt eine Änderung, informieren wir.»

Während Corona hatten Sie sogar mehr zu tun, setzten auf zusätz­lichen Service. Ein Aufwand, der sich jetzt bezahlt macht?
Absolut, die Kunden, die damals betroffen waren, sind jetzt zurückgekommen und haben neue Buchungen gemacht. Weil damals alles so reibungslos gegangen ist. Aber das Niveau vor der Pandemie ist noch nicht ganz erreicht. Vor 2024 oder 2025 wird in unserer Branche noch nicht das Niveau von 2019 erreicht sein.

War denn der Ukraine-Krieg bei Ihnen jemals ein ähnlich grosses Thema wie Corona?
Nein. Die Leute haben teilweise danach gefragt, aber wir hatten deshalb keine Einbussen. Es ist auch nicht die Gegend, die wir verkaufen. Wir haben keine Bedenken gemerkt.

Man möchte meinen, die Destinationen Russland beziehungsweise Ukraine sind nicht mehr gefragt.
In unserem Reisebüro waren Russland und die Ukraine nie sehr gefragte Destinationen. Russland kam bei uns vor allem bei Kreuzfahrten vor, da hier nicht im Voraus in Bern ein Visum eingeholt werden muss. Das ist immer mit einem hohen Aufwand verbunden. Die Ukraine und das Schwarze Meer waren bei uns in den letzten Jahren ebenfalls keine sehr aktiv gefragten Destinationen.

Eine erste Auswirkung des Krieges war der Anstieg der Kerosinpreise.
Ja, die Flugpreise sind gestiegen. Da wir jedoch nicht sehr viel Nur-Flug verkaufen, ist dies im Arrangement jeweils eingerechnet.

Sind denn in Krisenzeiten Ferien­reisen das Erste, an dem gespart wird?
Es ist eher das Letzte, woran die Leute sparen. Viele sagen sich: Ich konnte zwei oder drei Jahre nicht mehr reisen, jetzt darf es auch mal etwas Besseres sein.

Verraten Sie noch, wo Sie Ihre Ferien verbringen?
Demnächst gehe ich auf Kreuzfahrt im Orient und dann noch in den Oman. Ich bevorzuge die Off-Saison.

«Ein ‘Geheimtipp’ sind Reisen in den Norden.»

Gibt es Geheimtipps fürs 2023?
Nicht wirklich, es sind all die Destinationen, die schon vorher gelaufen sind. Die absoluten Renner sind immer noch die Malediven und der Orient. Dann sind die USA im Sommer immer sehr beliebt, vor allem die Westküste. Weiterhin ein «Geheimtipp» sind für uns nach wie vor Reisen im Norden. Es kann Natur und Kultur erlebt werden, abseits vom Tourismus.

Einfach um das Thema noch auf­zugreifen: Den Kreuzfahrten hatte man während der Pandemie zum Teil das Aus prognostiziert.
Kreuzfahrten gehen extrem gut und sind auch interessant vom Budget her. Die Preise sind nicht wesentlich gestiegen. Zudem ist der Umweltaspekt heute ein anderer, denn die neuen Schiffe sind mit LNG, das heisst Flüssigerdgas unterwegs.

Michel Wassner

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