Bier, kein Weib und Gesang

Gastredner Stephan Müller überzeugt mit seinen Witzen.

Daran wird bei der Fasnachtsgesellschaft Hilaria Rüti auch nach 133 Jahren nicht gerüttelt: Frauen müssen beim traditionellen Bierkommers draussen bleiben. Ausser sie spielen in der Big Band, tanzen auf der Bühne oder sind Sujets von Witzen.

Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang. Der Spruch, er wird wohl fälschlicherweise Reformator Martin Luther zugeschrieben, wird bei der Fasnachtsgesellschaft Hilaria in Rüti seit 133 Jahren ein wenig umgeschrieben. Wein gibts keinen, dafür fliesst das Bier. Frauen kommen häufig in nicht immer druckreifen Witzen vor, gesungen wird aus dem Liederbüchlein. Ganz nach dem Rütner Motto: Bier, kein Weib und Gesang. Die Lieder heissen «O alte Burschenherrlichkeit», «Im Krug zum grünen Kranze» oder «Die Nacht ist ohne Ende».

Die Nacht ohne Ende begann letzten Samstag um 13.30 Uhr in der Serail an der Schwarz. 600 Männer mit rotem Fez, einer traditionellen Kopfbe­deckung in Form eines Kegelstumpfs, fleckenloser Krawatte, Hemd und ­Liederbuch suchten ihren reservierten Sitzplatz.

Satire, Witz, Humor
Das Bier floss am Bierkommers. Der Bierkommers ist laut Hilaria Rüti «eine einzigartige Mischung von Satire, Witz, Humor, Gesang, Bühnenattraktionen und Redeschlachten mit Trinksitten und Tabus, welche die gesellschaftliche Fröhlichkeit der zur Tradition gewordenen Hilaria-Männerrunde bestimmen. Nach zwei Jahren Coronapause fand der 130. Bierkommers statt. Augenfällig: Die Me-Too-Bewegung ist unter den Rütner Fasnächtlern (und auch bei ihren Schwyzer Kollegen von der Japanesengesellschaft) noch nicht angekommen. Dafür war der Genderwahn neben dem Bier in aller Munde. Pascha Reto I. Inglin, Oberhaupt des Kron­rates von Hilaria Rüti, gab nach dem Verlesen der Toten das Lebensmotto der Rütner Männerrunde auf Lateinisch durch: Vita nostra brevis est, carpe ­vitam! Unser Leben ist kurz, geniess das Leben!

Warum die Bierkommers-Teilnehmer einen Fez mit Halbmond und Stern tragen, wird auf der Homepage von Hilaria so beantwortet: «Die Hilaria ist weder politisch noch religiös, weder für noch gegen den Islam, weder ernst zu nehmen, noch nimmt sie sich selber ernst. Es ist einfach eine Fasnachtsgesellschaft, die vor mehr als 125 Jahren für hiesige Verhältnisse aussergewöhnliche Erkennungszeichen für sich gewählt hat. Es ist wohl auf den damaligen Reiz der Geschichten von 1000 und einer Nacht, den fasnächtlichen Gedanken an die Verkleidung mit Aussergewöhnlichem sowie die Handelskontakte der Rütner Industrie in den Orient zurückzuführen, dass Elemente jener Kultur als Grundlage der Hilaria Rüti dienten. In jener Zeit erfolgte insbesondere in der Türkei eine Umorientierung in die Richtung einer modernen, westlich geprägten Gesellschaft, welche insbesondere dazu führte, dass Männer nicht mehr Turban und weite Kostüme trugen, sondern Anzug, Krawatte und als Kopfbedeckung einen Fez».

Bier-Füchse für Kamel-Seich
Um 13.31 Uhr begann das Fest mit dem Einmarsch des Kronrates und dem Fahnenmarsch. Der Pascha auf der Bühne rief: «Eunuchen und angehende Eunuche. Ich begrüsse euch und erkläre den 130. Bierkommers für eröffnet. Endlich, nach zwei Jahren Corona, in denen die Geselligkeit zu kurz gekommen ist. Die Bier-Füchs sind unterwegs, um euch mit Kamel-Seich zu versorgen». Die Bier-Füchs waren die Kellner, die im Akkord für Biernachschub sorgen mussten.

Dass neuerdings auch aus Kläran­lagen und Friedhöfen Energie gewonnen werden soll, sorgte für den ersten Lacher des Nachmittags: «Und wenn’s dich nimmt, lass dich kremieren, dann müssen Rütis Kinder nicht frieren.» Ein anderer: « … ich schick dir zur ­Strafe Tamara Funiciello vorbei!». Die mollige Nationalrätin vom linken ­Lager der Sozialdemokraten schockte einst mit einem Oben-ohne-Auftritt. Über Rütis Gemeindepräsidentin Yvonne Bürgin sagte der Pascha: «Sie hat sich weder an- noch abgemeldet. Aber fairerweise muss ich sagen, sie hat auch keine Einladung erhalten.» Weiter sagte der Pascha zur bierseligen Runde: «Ich bin gespannt, wie viele Frauen ihr Geschlecht ändern lassen, damit sie am Bierkommers teilnehmen können. Haben Frauen einen Nachteil, wenn sie nicht teilnehmen können? Mir fällt keiner auf. Aber ganz klar ­hätten wir einen Nachteil, wenn unsere Frauen hier teilnehmen würden». Gelächter im Saal.

Genderwahnsinn
Die Neulinge mussten sich mit dem Bierglas in der Hand erheben. «Rest weg!», befahl der Pascha. Das Bier musste ex runter. Wieder der Pascha: «20 Prozent der Frauen nehmen ­Psychopharmaka. Das muss man sich einmal vorstellen … 80 Prozent sind unbehandelt».

Für den geplanten Gastredner Philipp Kutter, der Wädenswiler Stadtpräsident und Nationalrat liegt nach einem schweren Skiunfall im Paraplegiker-Zentrum in Nottwil, sprang Stephan Müller ein. Der ZKB-Filialeiter von Rüti und Wald machte sich vor allem über den Genderwahnsinn lustig. «Liebe Fasnächtler Stern-innen, liebe Fasnächtler-innen und aussen. Ich warte auf Aufnahme in den Frauenverein und den Damenturnverein, auch der Töchterchor wollte mich nicht, so viel zum Thema Gleichberechtigung.» Auch zur Lokalpolitik äusserte sich der Gastredner auf humorvolle Art: «Das Reststück der Oberland-Autobahn kommt schneller als erwartet, denn die Juso sind vehement dagegen. Halb so wild, die wollten ja auch schon den Kapitalismus und die Schweizer Armee abschaffen».

Über das Gendersternchen ärgerte sich auch Sultan Roli I. vom Oasenrat Bubikon: «Ich habe genug von dem verdammten huerä Genderblödsinn. Wir müssen alle Formulärli und Briefli genderisieren». Während seiner Rede klebte er sich mit der linken Hand am Rednerpult fest und sagte an die ­Adresse der Klimaaktivisten: «Junge, hast du keinen Arbeitgeber, mach mit und werde Strassenkleber!»

Die einzigen Damen im Saal waren drei Bläserinnen in der Big Band ­Hilarfezia und die Tänzerinnen von Corinne Mathis. Als Burlesque-Artistinnen gefiel vor allem die hängende Biellmann-Pirouette einer Artistin an der Pole-Stange. Bestens ins Programm passte auch Claudio Zuccolini («Wenn erwachsene Männer E-Trottis fahren, sehen sie aus wie Erdmännchen»). Die Japanesen Schwyz, gegründet 1857, kamen nicht mit leeren Händen. «Auf Rat unserer Ehefrauen haben wir unser Altglas in Rüti entsorgt. Da haben wir gemerkt: In Rüti wird konsequent der Alkohol vom Glas getrennt.» Als Geschenk für die Rütner gabs aus Schwyz einen goldenen ­Affen. «Was trägt man an einem solchen Abend heim? Eben … der neue Name des Serail ist jetzt zum Goldenen ­Affen.»

Max Kern, Thomas Hulliger

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