Das Blasorchester Siebnen an der EM

Dirigent Blaise Héritier (links) mit dem spanischen Komponisten ­José Suñer-Oriola bei Probearbeiten für die EM.

Im ersten Teil der Serie wurden Werdegang und Qualifikation zur EM 2018 in Brüssel beschrieben. Das Blasorchester Siebnen vertritt bereits ein zweites Mal die Schweiz an der «European Championship for Wind Orchestras», die in diesem Jahr im französischen Amiens stattfindet.

Bei der ersten EM-Teilnahme 2018 in Brüssel fehlten dem Blasorchester Siebnen (BOS) gerade mal 17 Hundertstel zum Drittplatzierten Belgien. Das lässt hoffen, dass es auch in diesem Jahr wieder zu einem Spitzenplatz reichen könnte. Doch wie kann sich das BOS nochmals steigern? Ein Musikwettbewerb besteht aus einem Aufgabenstück und einem Selbstwahlstück, sozusagen aus Pflicht und Kür. Das Aufgabenstück wird vorgegeben und von allen Orchestern in ihrer Interpretation vorgetragen. Das Selbstwahlstück kann, wie der Name sagt, selbst ausgewählt werden. Es gibt jedoch Vorgaben: So sind zum Beispiel die ­minimale und maximale Länge vorgeschrieben, ausserdem muss es sich um eine Originalkomposition handeln – und nicht um ein Arrangement, also ein Stück, das ursprünglich für eine andere Besetzung komponiert wurde.

Stückauswahl ist entscheidend
Die Musikkommission war sich mit Dirigent Blaise Héritier schnell einig: Eine weitere Auftragskomposition des Komponisten José Suñer-Oriola soll den nötigen Akzent setzen. Bereits 2018 an der EM in Brüssel wurde als Selbstwahlstück eine Auftragskomposition des spanischen Komponisten gespielt. Mit «Soulful Stones» hat Suñer-Oriola eine 30-minütige Hommage an die Bauwerke des weltbekannten katalonischen Stararchitekten Antoni Gaudí geschaffen. Die Welturaufführung erlebte «Soulful Stones» in Anwesenheit des Komponisten am Pfingstsonntag 2018 im Tischmacherhof in Galgenen.

Auftrag Nummer zwei
Es ist aus verschiedenen Gründen eher selten, dass ein Komponist gleich zweimal ein grosses Werk für dasselbe Orchester komponiert. Die langjährige Zusammenarbeit mit dem Dirigenten und dem Schwyzer Orchester haben José Suñer-Oriola jedoch inspiriert, eine weitere Komposition auf das BOS «masszuschneidern». Es sollte die Stärken des Orchesters aufzeigen und inhaltlich einen Bezug zum Kanton Schwyz haben. Durch Besuche in der Schweiz und im Kanton Schwyz erschuf der Komponist ein wunder­bares Werk in sieben Sätzen zu Natur, Bauwerken und Geschichte rund um Einsiedeln mit dem Titel «Einsiedeln’s Trees – Die Bäume von Einsiedeln». In diesem fantastischen Werk werden ­Geschichten über den Wald, St. Meinrad, das Kloster, Einsiedeln – aber auch den Rütlischwur und die Schlacht bei Morgarten erzählt. Über zwei Jahre hat der Komponist zusammen mit dem Dirigenten Blaise Héritier an diesem Werk gefeilt und gearbeitet. Die letzten ­Anpassungen zum grossen ­Finale trafen Anfang Februar beim ­Orchester ein.

Finanzieller Klimmzug
Doch das hat auch seinen Preis. Die Teilnahme eines grossen Orchesters an der EM ist eine finanzielle Heraus­forderung für eine «Musik vom Land». Ohne externe Unterstützung lässt sich ein solches Projekt nicht realisieren. Eine der grössten Ausgaben ist sicher die Auftragskomposition, doch auch Reise, Übernachtungen und der Ins­trumententransport sind ohne Unterstützung von Sponsoren nicht möglich. Trotz grosser Bemühungen des Sponsoringteams muss sich jedes Mitglied finanziell stark an Reise und Unterkunft beteiligen.

Da es sich bei allen Mitbewerbern um die besten Orchester des jeweiligen Landes handelt, ist es wichtig, einen «musikalischen Coup» zu landen – mit einer noch wenig bekannten oder ganz neuen Komposition. Es gilt, die hochkarätige Jury zu überraschen und zu beeindrucken. Das Blasorchester Siebnen ist überzeugt, dass «Einsiedeln’s Trees» dies schaffen kann. Nun liegt es am BOS, das Werk überzeugend zu interpretieren und so vollendet wie möglich aufzuführen.

Der Weg ist das Ziel
Dafür arbeitet das Orchester wöchentlich in Gruppen (Holz oder Blech), aber auch in einzelnen Registern an den technischen Herausforderungen. Das Zusammenspiel ist wie ein riesiges Puzzle, welches in den Gesamtproben zusammengesetzt wird. Dem professionellen Ohr des Dirigenten entgeht kein fehlender Akkord und keine Dissonanz. Alle Mitwirkenden erleben mit, wie das Werk mehr und mehr an Inhalt und Ausdruck gewinnt. Die Bilder der einzelnen Geschichten erscheinen vor dem inneren Auge und alle spüren, wie wichtig auch ihr eigener Beitrag für das Gelingen des ­Ganzen ist – so wird jede Probe zum Erlebnis. Bergsteiger sprechen viel von «der Weg ist das Ziel»: Dies gilt auch für die Probearbeit eines sin­fonischen Blas­orchesters. Im Klettersport ist der ­Gipfel der Höhepunkt der Reise: Für das Blasorchester Siebnen wird es das Wettspiel in Amiens sein. Das Ziel ist stets, das ganze Können Pub­likum und Jury zu zeigen. Selbst falls es nicht zu einem Spitzenresultat reichen sollte, bleibt das ganze Projekt eine grosse Bereicherung für den Verein und alle Teilnehmer. Am 23. April um11 Uhr haben Sie Gelegenheit, die beiden Wettbewerbsstücke ­am Vorbereitungskonzert zur EM im Tischmacherhof in Galgenen zu er­leben.

Des Weiteren feiern das Blasorchester Siebnen und die Jugendmusik Siebnen am 10. Juni gemeinsam ihr 125-Jahr respektive 75-Jahr-Jubiläum ebenfalls im Tischmacherhof in Galgenen mit einem Festkonzert und verschiedenen Showacts wie der «Swiss Army Big Band», «UnglauBlech» und mehr.

Armin Müller

www.blasorchester.ch

www.jubilaeum2023.ch

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