Am 26. Mai 2023 jährt sich der 250. Geburtstag des Verlegers, Komponisten, Chorleiters und Musikpädagogen Hans Georg Nägeli aus Wetzikon. Nägeli ist eine ebenso vielseitige wie schillernde Persönlichkeit, welche das europäische Musikwesen des frühen 19. Jahrhunderts prägte. Aus Anlass seines 250. Geburtstags finden ab sofort bis Oktober 2023 eine Vielzahl von Veranstaltungen in Wetzikon und Zürich statt.

Auftakt war am vergangenen Freitag ein Rundgang, dem Audio-Walk, ausgehend von der reformierten Kirche Wetzikon. Der Präsident des Parlaments Wetzikon Stefan Burch, Beat Meier als Präsident des Organisationskomitees HGN250 sowie Claudia Fischer-Karrer, welche das gesamte Konzept und Texte dafür verfasste, eröffneten die Festivitäten. Mittels QR-Code wird die Tour auf dem Smartphone gestartet. Kopfhörer sind empfohlen. So kann jeder einen Rundgang individuell starten. Und Spannendes gibt es immer wieder zu erfahren. So beinhaltet er auch Informationen der Stadt Wetzikon aus vergangenen und zeitgenössischen Begebenheiten. Der Audiowalk beginnt vis à vis des Geburtshauses, auf dem Vorplatz der reformierten Kirche mit der bekannten Nägelibüste und führt über das Schulhaus Guldisloo mit dem Brunnen-Mosaik zum Nägeli-Lied «Zur Goldenen Abendsonne, wie bist du so schön» zum Ortsmuseum. Dabei werden die zentralen historischen Bezüge aufgezeigt – vom Wohnen und Arbeiten über das Musizieren bis hin zu den damaligen politischen Verhältnissen.

Am Abend fand dann unter dem Titel «Singtradition in Wetzikon» das erste von fünf Revisitings zu Hans Georg Nägeli statt. Die Historikerin Claudia Fischer-Karrer und die Sängerinnen und Sänger der Kantorei Wetzikon begaben sich auf die Spuren der damaligen Zeit. Sie erkundeten die gesellschaftliche und politische Situation in Wetzikon und verdeutlichten, welche Bedeutung das Singen und Musizieren damals hatte.

Fortschrittliche Visionen
Hans Georg Nägeli initiierte die ersten öffentlichen Männer-­, Frauen-­ und Kinderchöre in der Schweiz. Er praktizierte und propagierte Musik nicht nur als autonome Kunst, sondern pflegte und beförderte auch eine soziale Praxis der Musik als Mittel der Bildung. Hans Georg Nägeli gilt heute als Pionier und Wegbereiter kultureller Teilhabe und ist in diesem Sinne eine überaus moderne Person. Neben den Schützen-­ und Turnvereinen gehören diese Gesangsvereine bis heute zum republikanischen Erbe der Schweizer Zivilgesellschaft. Als Gründer des Singinstituts mit Frauen-­ und Mädchenchören förderte Hans Georg Nägeli die Teilhabe von Frauen am gesellschaftlichen und kulturellen Leben, das bis dahin weitgehend Männern vorbehalten war. Und als Zürcher Erziehungsrat entwickelte er die Gesangsbildung nach pestalozzischen Grundsätzen. Als Musikpädagoge wollte er Menschen sowohl durch Musik als auch zur Musik bilden. Für die Konzeption, Planung und Durchführung des gesamten Vorhabens zeichnet der gemeinnützige Verein 250 Jahren Hans Georg Nägeli mit Sitz in Wetzikon verantwortlich. Das Jubiläumsprojekt 250 Jahren Hans Georg Nägeli wird unterstützt von der Stadt Wetzikon, der Stadt Zürich, vom Kulturfonds des Kantons Zürich sowie von zahlreichen Schweizer Förderstiftungen. Mit seiner musikalischen Leihbibliothek und einem Verlag (heute: Musik Hug) förderte Hans Georg Nägeli die Hausmusik, die damals vorherrschende musikalische Praxis des aufkommenden Bürgertums. Er komponierte für Ensembles je nach Besetzung und Vorkenntnissen und ermöglichte damit das gemeinsame Musizieren im Sinne moderner kultureller Teilhabe. Hans Georg Nägeli komponierte mehrstimmige Lieder für Laienchöre. Diese Chorlieder verbreiteten das gemeinschaftliche Singen ausserhalb der Kirche in der Schweiz und Europa. Die Veranstaltungen im Rahmen dieses Jubiläums würdigen nicht nur die historischen Leistungen Hans Georg Nägelis, sondern stellen auch seine kultur-­, gesellschafts-­ und bildungspolitischen Ideen und Vorstellungen in den Mittelpunkt. Der Audiowalk steht kostenlos zum Download bereit und kann selbstständig durchgeführt werden. Der historisch-musikalische Rundgang von Claudia Fischer-Karrer, Camilla Gomes dos Santos und Diana Rojas durch das Wetzikon Hans Georg Nägelis.

Thomas Hulliger