Fahrzeugmuseum startet in die neue Saison

Jean-Louis Junod hat über die Jahre eine beeindruckende Sammlung zusammengetragen. (Fotos: zVg)

Seit 68 Jahren sammelt Jean-Louis Junod Fortbewegungsmittel aller Art. In seinem Fahrzeugmuseum ist von dreigängigen Fahrrädern bis zu Autos aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs alles zu finden. Ein Porträt über einen Sammler, der seinesgleichen sucht.

Versteckt hinter einem Bauernhof im idyllischen Bäretswil, einem 4000-Seelen-Dorf im Zürcher Oberland, befindet sich das Fahrzeugmuseum Junod. Die ehemalige Schreinerei ist seit 20 Jahren im Besitz von Jean-Louis Junod. Mit einer simplen Schlüssel­umdrehung öffnet der 82-Jährige die Pforten zu seinem Schatz. Schon der Geruch beim Eintreten ins Museum lässt ungezählte Geschichten erahnen, die hinter den Sammelstücken stehen. «Schaut euch nur ein bisschen um», meint Junod. Der erste Eindruck ist überwältigend. Autos, Traktoren, Fahrräder, Motorräder und Kutschen, alles steht in Reih und Glied. Immer noch beeindruckt von den ersten Impressionen erfahren wir bei Kaffee und Kuchen mehr über ihn und seine Schätze.

«Ein Museum war nie mein Ziel»
Schon in jungen Jahren begeisterten Jean-Louis Junod Fahrzeuge aller Art. «Mein erstes Motorrad habe ich mit 14 Jahren gekauft, das erste Auto folgte mit 16.» Obwohl die «Faszination für Fahrzeuge», wie Junod sie liebevoll nennt, schon früh sehr ausgeprägt war, ging seine berufliche Laufbahn zunächst in eine andere Richtung. Als Bauernsohn erlernte er den Beruf des Landwirts. Danach folgte die Ausbildung zum Kaufmann und die Automobilfachschule. In dieser wurde er einerseits zum Fahrlehrer ausgebildet und lernte andererseits viel über Mechanik und Motoren von Fahrzeugen. Viel Geld brachten ihm diese Berufe nicht ein. «Aber egal, wie viel ich verdient habe, ich gab mein ganzes Geld für Fahrzeuge aus.» Seine Sammlung war geboren.

Die nächsten rund 40 Jahre erweiterte Junod seine Sammlung unermüdlich. Die Fahrräder lagerte er in seinem Keller, die Autos und Motorräder in diversen Lagerhallen. «Meine Sammlung war überall verteilt, ich konnte einfach nicht aufhören.» Die ganzen Sammelstücke waren natürlich nicht ganz billig, aber bei diesem Thema zeigt sich der Sammler wortkarg: «Irgendwie konnte ich das Geld immer auftreiben.» Mit der Jahrtausendwende kam die Idee, den Schatz an Kultur­gütern mit der Welt zu teilen. Auf der Suche nach einer geeigneten Halle wurde Junod im Jahr 2002 in Bäretswil fündig. Nach zahlreichen Umbauten und Erneuerungen feierte das Museum 2005 seine Eröffnung. «Ich habe selbst Hand angelegt und tagelang geschuftet, bevor ich das Museum eröffnen konnte. Aber ganz ehrlich, ein Museum war nie mein Ziel», erzählt der nimmermüde Jean-Louis Junod. Schnell sprach sich die neue Attraktion herum und die Besuchenden kamen. Das Museum wuchs über die Jahre weiter und umfasst mittlerweile sogar ein kleines Restaurant. Das Publikum ist hauptsächlich die Generation «60 plus»: «Eigentlich möchte ich den jungen Menschen etwas über alte Motoren und frühere Technik beibringen. Aber sie interessieren sich mehr für das neuste Handy als für alte Fahrzeuge.»  

«Je älter, desto besser»
Bereits bevor man das Museum betritt, fällt ein spezielles Stück auf. Links neben dem Eingang steht ein Flugzeug. Aber nicht irgendeine kleine Propellermaschine, wie man sie in solch einer Ausstellung vielleicht erwarten würde, sondern eine Mirage. Ein ausgemusterter Kampfjet der Schweizer Armee. Dass er heute in Bäretswil steht, ist alles andere als selbstverständlich. «Bis diese Maschine 2007 endlich zu mir ins Museum kam, war es ein riesiger ‹Chrampf›. Ich habe zwei Ordner voller Papiere im Zusammenhang mit diesem Flugzeug.»

Trotz allen Pferdestärken im Erd­geschoss funkeln Junods Augen im Keller am meisten. Denn da steht seine Fahrradsammlung. Unter den rund 100 Ausstellungsstücken befinden sich Velos mit Motoren, andere mit nur drei Gängen und solche, bei denen man für den ersten Gang rückwärts treten muss. Die Begeisterung Junods für das Alte spürten wir beim Rundgang durch diesen Raum besonders. «Unser ältestes Fahrrad ist vom Ende des 18. Jahrhunderts. Das ist zwar auch schon alt, aber je älter, desto besser.» Bei fast jedem Rad zeigt er uns, wie es funktioniert, er weiss genau, woher er es hat und was es so einzigartig macht. Auch seinem Enkel, der uns auf dem Rundgang begleitet, ist die Begeisterung anzusehen. Dieser zeigt uns den ersten «E-Scooter». Ein riesiges Gerät mit Autobatterie unter der Standfläche. «Offiziell habe ich schon lange aufgehört, zu sammeln. Aber es ist wie eine Sucht, ich kann einfach nicht davon lassen.» Obwohl Seniorchef Jean-Louis Junod die Leitung des Museums an seinen Sohn übergeben hat, fällt es ihm schwer, mit dem Vergrössern und Ergänzen seiner Sammlung aufzuhören. «Gerade letzte Woche haben wir wieder zwei Autos und vier Traktoren ersteigert. Meiner Frau muss ich solche Dinge manchmal verheimlichen, sonst schimpft sie mit mir.» Es gibt viele Wünsche, die sich der passionierte Sammler gerne noch erfüllen möchte. Über Autos aus der Vorkriegszeit würde er sich sehr freuen. Diese seien jedoch kaum mehr zu finden. «Mein grösster Wunsch ist es aber, dass meine Enkel das Familienerbe weiterführen. Sie interessieren sich immerhin schon einmal für Technik und Autos. Da habe ich natürlich etwas nachgeholfen. Beiden habe ich auf die Geburt je zwei Oldtimer geschenkt. Auf diese sind sie sehr stolz.»

Andreas Müller und Raphael Walser

 

Öffnungszeiten
Jeden ersten Mittwoch im Monat: 13.30 bis 18 Uhr
Jeden zweiten Sonntag im Monat: 10.00 bis 16.00 Uhr
Gruppen jederzeit nach Vereinbarung.
www.fahrzeugmuseum.ch

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