Das Ringen um den Tunnel beginnt

Vorstellung der Abstimmungsvorlage anlässlich der ersten Abstimmungsvorlage mit Podiumsdiskussion. (Foto: Sven Gasser)

Am 10. September stimmt die Stadt Rapperswil-Jona über den Grundsatzentscheid «Tunnel Ja oder Nein» und Variantenentscheide ab.

Die vorbereiteten ca. 200 Sitzplätze im Kreuz-Saal reichten bei weitem nicht, fast 400 Interessierte folgten der Einladung der Stadt zur Podiumsdiskussion «Stadttunnel als Chance?». Unter der Leitung von Stefan Schmid, Chefredaktor des St.Galler Tagblatts, kreuzten Befürworter und Gegner ein erstes Mal die Klingen. Vorangegangen war eine zwanzigminütige professionelle Präsentation der Tunnelvorlage durch Bauchef und Stadtrat Christian Leutenegger.

Seit bald 50 Jahren wird geplant
Geschichtlich gesehen haben Rapperswil und schliesslich auch der Teil Jona ihren Reichtum ihrer Lage und der Kontrolle des Verkehrs zu verdanken. Was 1358 mit dem Bau der ersten Holzbrücke begonnen hatte, war Jahrhunderte lang ein Segen für die Stadt. Nicht nur Händler, auch Pilgerströme zollten der Stadt reichlich Geld und liessen das Handwerk und die Gastronomie erblühen. Der Verkehrsfluss durch die Stadt war wohl geplant und ein Segen. Mit dem Wegfall der Zölle durch die Bundesverfassung 1848 verlor Rapperswil die wichtige Einnahmequelle, der Verkehr durch die Stadt blieb, nahm rasant zu und wurde vom Segen zur Belastung. Visionen, Ideen, Luftschlösser und Projekte gab es die letzten 50 Jahre zur Genüge, bis es 2011 zur ersten Tunnelabstimmung kam. Schon damals hatte man vom Kanton die Zusage, dass die Finanzierung des teuren Projektes machbar sei. Nur scheiterte die Abstimmungsvorlage unter anderem durch eine massive Nein-Kampagne vermögender und nicht offiziell bekannter Geldgeber. Das Hauptargument, dass durch eine Tunnellösung 50 Prozent des Verkehrs untertags durch die Stadt geschleust wird und somit oberirdisch wegfällt,  steht nach wie vor. Je nach gewählter Variante würden auch Anteile Binnen- und Quellverkehr untertags abgewickelt. Aus diesen Gründen müssten die Tunnelgegner eigentlich für eine Tunnellösung sein. Denn sie fordern als Massnahmen oberirdisch Platz für eine Entflechtung des Verkehrs, mehr Platz für Fussgänger, Velofahrer und ÖV. Dass das Verkehrsaufkommen durch Bevölkerungswachstum und autonomes Fahren erwiesenermassen zunehmen wird, anerkennt die Gegnerseite jedoch kaum. Zu lange dauere die Planungs- und Realisationsphase, zu teuer und zu wenig effektiv sei die Lösung. Tempo 30 und Einschränken der Strassenfläche werden gefordert, für die Kosten des Tunnels könne man 100 000 Bäume pflanzen. Werden so Verkehrsprobleme gelöst? Die Befürworter einer Tunnellösung bestreiten eine lange und mühsame Bauzeit, enorme Kosten und eine langwierige Planungsphase gar nicht; betonen jedoch, dass es bei der Lösung um «Stadtraum» und nicht «Strassenraum» geht, zudem die Finanzierung gesichert sei. Ein Nein auf kantonaler Ebene wäre wohl möglich, jedoch eher unwahrscheinlich, haben es im Kanton doch in letzter Zeit alle Verkehrsentlastungen an der Urne geschafft. An der Podiumsdiskussion zeigte sich klar, dass eine Absage an eine Tunnellösung erstens der Kanton definitiv die Lust verliert, sich in Rapperswil-Jona diesbezüglich zu engagieren und zweitens die von der Gegnerseite gewünschten Massnahmen umzusetzen kaum möglich sein wird. Man würde sich mehr oder weniger einfach mit dem Status Quo abfinden müssen. Den beiden Lagern bleibt nun Zeit über den Sommer hin ihre Argumentationen zu formen. Die Stadt selbst kann sich aktiv nicht in den Abstimmungskampf einmischen, ihr bleibt die Rolle der Überbringerin von faktenbasierten Informationen und Empfehlungen.

Sven Gasser

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