Es ist ein grosses Projekt – das Hallen- und Freibad Lido. Allein der Projektierungskredit umfasst knapp 5 Mio. Franken. Bei einer Ausführung kämen noch etwa 70 Mio. dazu. Doch wie würde die Stadt Rapperswil-Jona davon profitieren?
Die zweitgrösste Stadt im Kanton St.Gallen verfügt über kein «richtiges» Hallenbad – lediglich über die drei Lehrschwimmbecken im Hanfländer, Lenggis und Schachen. Seit Jahren wünscht sich die Bevölkerung der Stadt Rapperswil-Jona ein Hallenbad, belegt durch etliche Voten an Bürgerversammlungen und bei Erfassungen bezüglich Sportstättenplanung.
Im Lido soll es entstehen
Die Stimmberechtigten beauftragten die Stadt mit der Ausarbeitung eines Hallen- und Freibad-Projekts im Lido. Diese schrieb einen Wettbewerb aus, und auf Basis des Siegerprojektes beantragt die Stadt nun an der Bürgerversammlung vom 6. Juni einen Projektierungskredit in der Höhe von 4,8 Mio. Franken. Gleichzeitig macht die Stadt darauf aufmerksam, dass mit einer Steuererhöhung von bis zu 8 Steuerprozenten zu rechnen sei. Doch was bekommt man dafür?
Mehrwert über Generationen
Regula Späni, Schwimmlehrerin, Schwimm-Schweizermeisterin, Mutter dreier Kinder, bestens bekannt durch ihre Tätigkeit beim Schweizer Fernsehen SRF, kämpft schon lange für eine gute Schwimminfrastruktur in Rapperswil-Jona. Diese soll generationenübergreifend sein. Einen sicheren Umgang mit Wasser erachtet sie als Allgemeinbildung. Sie stört sich jedoch, dass momentan die Kosten derart im Rampenlicht stehen und nicht der Mehrwert eines kombinierten Hallen- und Freibads im Lido. Dazu zähle auch die soziale Komponente und dass ein Ganzjahresbetrieb für alle – von jung bis alt – möglich würde. Dies auch während des Schwimmens bei Schulbetrieb. Regula Späni betont, dass Schwimmen eine der gesündesten sportlichen Betätigungen ist, und zwar in jedem Alter. Zudem würde das geplante Hallen- und Freibad vielfältigere und spannende Unterrichtsformen im Schwimmen ermöglichen. Ebenso ist es gerade bei Jugendlichen beliebt, in die Badi zu gehen. Mit dem Lido wäre dies das ganze Jahr hindurch möglich. Auch Dani Alge, Sportlehrer, Vater und Mitglied im Sportrat, findet, dass die Stadt eine solche Anlage verdiene. Als Sportlehrer sieht er es als riesige Bereicherung an, drinnen und draussen unterrichten zu können sowie den Kindern Erfolgserlebnisse zu vermitteln, zum Beispiel beim Sprungturm.
Medizinisch wertvoll
Dr. med. Andreas Bickel, Facharzt Allgemeine Innere Medizin, weist auf die therapeutische Wirkung von Schwimmen und Bewegen im Wasser hin. Dieses reduziere einen Teil des Körpergewichtes und ermögliche so einfachere Bewegung und Training des Bewegungsapparates für jedes Alter und Fitnessniveau. Auch für die Reha nach Verletzungen oder Operationen ist Bewegung im Wasser äusserst wertvoll. Und bei Jugendlichen mit dem heute zunehmenden Übergewicht sei eine ganzjährige körperliche Betätigung wichtig.
Evelyne Rathgeb, mehrfache Schweizermeisterin im Schwimmen und Schwimminstruktorin, organisiert seit über 35 Jahren Aquafit-Kurse und betont ebenfalls die positive Wirkung von Bewegung im Wasser bis ins hohe Alter. Es helfe, auch im Alter länger selbstständig zu sein. Ein Hallen- und Freibad würde der Bevölkerung einen grossen Mehrwert bringen.
Für mehr Sicherheit im Wasser
Die Schweizerische Lebensrettungsgesellschaft SLRG ist eine Organisation mit etwa 23 000 Mitgliedern, welche durch Präventionsarbeit und Ausbildung von Rettungsschwimmern die Zahl der Wasser- und Ertrinkungsunfälle verringern will. Der Präsident der SLRG Rapperswil-Jona, Andreas Hediger, begrüsst ein ganzjährig geöffnetes Hallen- und Freibad, denn es fördere die Wassersicherheit der Bevölkerung, wenn sich diese durch regelmässige Besuche ganzjährig im Wasser bewegen kann. Die ständige Verfügbarkeit von Schwimmmöglichkeiten sei daher ein entscheidender Beitrag zur Sicherheit.
Der soziale Aspekt
Für Regula Späni, aber auch alle anderen angefragten Personen, kommt noch eine weitere wichtige Komponente dazu – nämlich die soziale und gesellschaftliche. Durch einen Ganzjahresbetrieb können sich Bewohnerinnen und Bewohner ganzjährig und unabhängig vom Wetter zum Schwimmen, Baden, Planschen treffen. Gerade für ältere Leute wichtig für den gegenseitigen Austausch. Ein Bistro, das zum Beispiel durch das Kassenpersonal bedient wird, reiche für ein Beisammensein. Mit einer Durchmischung aller Altersgruppen an einem Ort wird das gemeinsame Erleben gefördert.
Die Stadt kann es sich leisten
Seit der Fusion 2007 ist der Steuerfuss in Rapperswil-Jona kontinuierlich von 109 auf heute 74 gesunken. Weitere Steuersenkungen haben die Stimmbürger in den letzten Jahren stets abgelehnt. Da darf man davon ausgehen, dass eine Erhöhung zugunsten der «Sportstadt» vertretbar ist. Im Weiteren erfreut sich die Stadt eines gesunden Bevölkerungswachstums, insbesondere durch Familien. Durch die Zusammenlegung von zwei Lehrschwimmbecken an einem zentralen Ort mit Familienhallen- und Freibad lässt sich zudem ein Betrieb effizienter gestalten. Mit der Lage unmittelbar beim See im Lido wäre dies so ein wirklicher Mehrwert, findet Regula Späni. Und hofft, dass Rapperswil-Jona endlich ein «richtiges» Hallenbad bekommen wird.
Sven Gasser