Regisseurin Eva Mann übersetzte William Shakespeares Theaterstück «Mass für Mass» auf Schweizerdeutsch. Im Ritterhaus Bubikon spielt das Laientheater vom 14. bis 29. Juni. Frau Mann im Interview.
Obersee Nachrichten: Frau Mann: Wie gross war die Herausforderung, ein Shakespeare-Stück auf Schweizerdeutsch zu übersetzen – ist das eins zu eins überhaupt möglich?
Eva Mann: Jede Übersetzung ist eine Interpretation. Das trifft schon auf ganz einfache Dinge zu – umso mehr auf einen über 400 Jahre alten Theatertext, bei dem es nicht nur um den Inhalt geht, sondern auch um die Art, wie sich jemand ausdrückt, um einen kulturellen Kontext und um die Bezüge und Assoziationen, die man mit bestimmten Worten hat. Für mich ist Übersetzen seit der Oberstufe – da es einfach nur ein ungewöhnliches Hobby war – eine spannende Knobelaufgabe und eine tolle Art, noch vor der Probenarbeit tief in den Text einzutauchen. Übrigens sind Shakespeares Texte für Englisch sprechende Menschen von heute keineswegs selbsterklärend. Dazu gibt es auch eigens Übersetzungen – nämlich in die heutige Umgangssprache! Ich war um einen Mittelweg bemüht: Worte, die ein heutiger Mensch versteht – und die zugleich Rhythmen, Reime und Wortspiele des Originals transportieren.
Weshalb sollte man sich das Stück «Mass für Mass» zu Gemüte führen?
«Mass für Mass» erfüllt ganz verschiedene Unterhaltungswünsche: Spannung, Unterhaltung, Musik, Komik – und auch genug Material zum Nachdenken und Diskutieren, wenn man das möchte. Manche Themen sind heute genauso aktuell wie damals. Das Ensemble mit Menschen von 15 bis über 80 Jahren hat authentische, menschliche Figuren geschaffen, an deren Leben man gerne teilnimmt. Nicht zuletzt ist da die Atmosphäre vor dem Ritterhaus: Mit guter Verpflegung auf der Wiese unter den alten Lindenbäumen - das ist eine ganz spezielle Art, einen Theaterabend zu geniessen.
Wie ist es, mit Laienschauspielern zu arbeiten?
Schön. Überraschend. Berührend. Es ist ein grosses Privileg, in einer Atmosphäre zu arbeiten, wo alle aus Neugier, Spielfreude und Gemeinschaftssinn mit dabei sind.
Es geht im Stück offenbar um Machtmissbrauch, Gewalt, Liebe und Sex – ist die Aufführung jugendfrei?
Da kann ich guten Gewissens JA sagen. Es gibt keine gewalttätigen oder verstörenden Bilder. Und bei erzählten Geschichten ist es ja so: Was ein junger Mensch nicht kennt, das überhört einer oder macht sich einen eigenen, kindergerechten Reim drauf. Vielmehr: Das Stück erzählt von einer Jugendlichen, die ganz auf ihren inneren Kompass vertraut. Isabella lässt sich nicht von Macht oder gesellschaftlichen Erwartungen einschüchtern. Ihr Mitgefühl und ihr Mut führen schliesslich die Geschichte zu einem versöhnlichen Ende.
Max Kern