Dank dem verregneten Sommer 2024 ist die Massenvermehrung der Borkenkäfer massiv zusammengebrochen. Bei einem Augenschein vor Ort nordöstlich von Hinwil ist Revierförster Stefan Burch trotzdem besorgt.
Die Forstrevier-Genossenschaft Hinwil-Wetzikon betreut zwischen dem Aathal und dem Bachtel eine Fläche von 947 Hektaren Wald, von 452 bis auf 1115 Meter über Meer. In diesem Sommer findet Revierförster Burch «nur» drei Käfernester – dem verregneten Sommer 2024 sei Dank. Das war vor wenigen Jahren noch ganz anders. Da waren es Dutzende. 2019 und 2020 mussten von Burch und seinen Helfern 7000 Kubik Käferholz gefällt werden. 230 (!) Fünfachs-Lastwagenfahrten waren nötig, um das Holzlager hinter der Kehrichtverwertung Zürcher Oberland (KEZO) in Hinwil abzutragen.
2022 musste auch auf dem Pfannenstiel ein mehrere Fussballfelder grosses Areal mit Fichten gefällt werden. Auf Plakaten wurden die staunenden Spaziergänger und Mountainbiker unter dem Titel «Was ist hier passiert?» so aufgeklärt: «Hier wurde der Fichtenbestand vom Borkenkäfer befallen. Zum Schutz der umliegenden Wälder mussten alle befallenen Fichten entfernt werden. An dieser Stelle entsteht (...) ein vielfältiger Mischwald.»
Der Revierförster steht im Wald nordöstlich von Hinwil neben der Bergweid vor einer etwa 120 Jahre alten Buche. Sie ist auf Burchs Augenhöhe (das sind immerhin knapp zwei Meter) mit einem orangen Strich markiert. Der Förster sagt: «Die kommt weg.» Sie ist befallen vom Borkenkäfer. Meistens sind es die sogenannten Buchdrucker, Vertreter einer Unterfamilie der Borkenkäfer, welche Fichten oder Buchen heimsuchen. Die Käfer legen ihre Brutsysteme in der Rinde der Wirtsbäume an. Der Buchdrucker ist ein bedeutender Forstschädling. Auf der Rinde, er beginnt mit seiner Arbeit auf 20 Metern Höhe, hinterlässt er braunes Bohrmehl. Wenn die Bäume bereits tot sind, taucht auch noch der Lineatus, der Linierte Nutzholzborkenkäfer, auf. Und hinterlässt weisses Bohrmehl.
«Nässe ist ein Segen»
Was Laien nicht wissen: Der Borkenkäfer liebt heisse und trockene Sommer. Darum ist seine Population in diesem Jahr so stark zurückgegangen. Förster Burch erklärt: «Die Nässe ist ein Segen. Die Situation um die Massenvermehrung der Käfer ist dieses Jahr massiv zusammengebrochen, da der anhaltende Regen für schlechte Entwicklungsbedingungen sorgt. Schlechtes Wetter hat aus forstlicher Sicht gute Auswirkungen auf die Käferaktivität und deren Vermehrung.»
Was verändert sich aus Sicht der schädlichen Borkenkäfer, wenn’s dauernd regnet? Burch: «Schimmelpilze befallen wegen der hohen Feuchtigkeit unter der Baumrinde die Käfer und lassen die Käferbestände schrumpfen.»
Verregneter Sommer hin oder her – die Situation in den Wäldern (nicht nur am Bachtel) ist angespannt. Burch: «Der Wald ist total gestresst. Ein Extrem jagt das andere. Wir Förster nennen uns die ‹Generation Umbau› – wir müssen schauen, dass es irgendwie grün bleibt.» Ein Blick nach oben verheisst nichts Gutes: Gegen zwanzig Fichten auf engstem Raum sind hier «tot». Das Ziel ist, die Fichtenbestände massiv zu reduzieren, weil sie mit den aktuellen Bedingungen nicht mehr klarkommen. Burch: «Unsere Baumarten sind nicht gemacht für Temperaturen über 30 Grad.» Statt Fichten soll’s in nicht allzu ferner Zukunft trockenresistentere Laubhölzer wie Eichen, Linden, Kirschen oder Feldahorn geben. P. S. Der Leidtragende wegen der aktuell eingebrochenen Borkenkäfer-Population ist der Specht. Seine Lieblingsspeise ist der «Borki».
Max Kern