Der Kanton Glarus und die Regionen Sarganserland, March-Höfe und Zürichsee-Linth sind ab dem 30. August 2025 Gastgeber/-innen des ESAF 2025 Glarnerland+. Die ON wollten von Geschäftsleiter Walter Hofmann wissen, wie das OK den Verkehr bewältigen will, warum die Festgeländebesuchenden so wichtig sind, wie man mit Negativschlagzeilen umgeht und wo die Bevölkerung mithelfen kann.
Herr Hofmann, kürzlich habt ihr über die Ticketpreise fürs ESAF 2025 Glarnerland+ informiert. Diese werden 25 Franken höher sein als am Vorgängerfest in Pratteln 2022. Dafür habt ihr nicht nur Lob erhalten.
Das ist so. Es ist immer anspruchsvoll, Kostensteigerungen zu kommunizieren. Wir haben in unseren Organisationsgrundsätzen aber festgehalten, dass wir stets proaktiv, transparent und authentisch kommunizieren wollen. Dass dies – neben der Vertrauensbildung – auch dazu führt, dass wir ab und an kritisiert werden, ist eine logische Konsequenz und gehört dazu. Schliesslich organisieren wir das grösste Sport- und Volksfest, das unsere Region je gesehen hat. Da steht man einfach immer unter Beobachtung.
Es gibt Stimmen, die behaupten, das Glarnerland sei schlicht zu klein für ein Fest solcher Grössenordnung.
Ich habe grosses Vertrauen in die Demut der Glarnerinnen und Glarner, die uns auch grosse Herausforderungen mit dem nötigen Respekt angehen lässt. Und dass wir gemeinsam Grosses erreichen können, haben wir in der Vergangenheit schon oft bewiesen. Bezüglich ESAF zeigte sich diese Demut bereits zu Kandidaturzeiten darin, dass den Initianten des ESAF 2025 Glarnerland+ schon vor 12 Jahren klar war, dass ein solcher Generationenanlass nicht vom Kanton Glarus alleine gestemmt werden kann. Man suchte sich Unterstützung in den angrenzenden Kantonsgebieten. Mit Erfolg: Wir wurden damals wie heute nicht nur von den Schwingverbänden und -klubs der Region Glarnerland, March-Höfe, Rapperswil und Umgebung und Sarganserland unterstützt, sondern auch von den jeweiligen politischen Körperschaften. Daraus entstand aus der Feder des Kandidaturvereins ein Memorialsantrag, welcher von Regierung und Parlament zu einer Vorlage zuhanden der Landsgemeinde ausgearbeitet wurde. Die Landsgemeinde 2017 hat diese Vorlage angenommen und nun gilt es, diese umzusetzen. Wir dürfen und müssen darauf vertrauen, dass wir auch die grosse Herausforderung ESAF gemeinsam mit unseren Unterstützern des angrenzenden Kantonsgebiets meistern werden.
Stichwort Nachhaltigkeit: Was wird dem Glarnerland wirklich bleiben?
Das ESAF bietet die einmalige Chance, unsere Region Tausenden Gästen von ihrer besten Seite zu präsentieren. Wir sind überzeugt, dass das ESAF damit weit über seine Durchführung hinaus einen Beitrag zur Entwicklung einer ganzen Region leisten kann und wird: wirtschaftlich, touristisch und sozio-kulturell. Wir dürfen gemeinsam Gastgebende sein, mit Herzblut, Leidenschaft und Bodenständigkeit und das ganz unabhängig davon, ob wir nun eine Unterkunft anbieten, als Helfer aktiv sind oder uns einfach nur im und ums Fest aufhalten. Bezüglich ökonomischer Nachhaltigkeit generiert ein ESAF in seiner Gastgeberregion erfahrungsgemäss eine Wertschöpfung von rund 35 Millionen, 85 000 Logiernächte, 40 Verpflegungsstände, 15 000 Sitzplätze in elf Festzelten, davon ein Glarnerland-Zelt. Lokales Handwerk und Gewerbe werden ebenso profitieren können wie Detailhandel und Industrie. So ein grosses Fest bewegt nicht nur jeden und jede persönlich, sondern eine ganze Region. So etwas erleben zu dürfen, Teil von so etwas Grossem zu sein, das ist es, was uns im OK mit Stolz erfüllt, was einer ganzen Region Gänsehaut beschert. Dass ich dies erleben und dabei sein darf, empfinde ich als grosses Privileg.
Was darf ich mir unter dem Glarnerland-Zelt vorstellen?
Ein Fest wie das ESAF bringt gewaltige Dimensionen mit sich. 270 000 Liter Bier werden getrunken, 450 000 Würste gegessen und 4000 Kilo Brot verspeist. Kein Betrieb in unserer Region kann so etwas als Lieferant und Partner stemmen. Darum haben wir für unsere regionalen Partner das Glarnerland-Zelt geschaffen. Hier drin ist es möglich, neben unseren Königspartner-Angeboten regionale Spezialitäten zu konsumieren. Ein Adler Bier. Eine Glarner Chalberwurscht. Zigerbrüüt und Zigerhöreli. Alpkäse und Birnbrot. Ein Glarnerbeggeli. Wir sind stolz darauf, dass wir diese «Glarnerland+-Insel» im Einvernehmen mit unseren sieben Königspartner/-innen ermöglichen können, als erstes ESAF überhaupt.
Zurück zum Geld. Ihr begründet die Preiserhöhung der Arenatickets mit Kostensteigerungen in Millionenhöhe. Waren diese nicht schon bei der Eingabe der Kandidatur absehbar?
Nein, waren sie nicht. Zum Zeitpunkt der Projekteingabe war beispielsweise nicht klar, dass wir – ebenfalls erstmals in der Geschichte eines ESAF – sämtliche Camping- und Parkflächen auf der Wiese mit Bodenschutzmassnahmen schützen müssen. Dies ist notwendig, weil im Kanton Glarus andere Bodenbeschaffenheiten herrschen als bei vorhergehenden Austragungen des ESAF. Zumal die Talfläche im Glarnerland begrenzt ist und besonderen Schutz verdient. Daran müssen wir uns natürlich halten. Es war im Vorhinein auch nicht klar, dass der Baupreisindex derart stark ansteigen würde und die behördlichen Auflagen für Sicherheit und Infrastruktur immer grösser werden. Oder dass die Armeemanntage gekürzt werden. Hierzu kann man sagen, dass wir mit 600 Manntagen weniger auskommen müssen als in Zug, da wir nicht die einzige Priorität der Armee darstellen. Auch das konnten wir nicht vorhersehen und müssen es akzeptieren. Doch das sind Entwicklungen, die in sol-chen Grossprojekten zur Tagesordnung gehören. Wir sind angehalten, Lösungen zu finden. Und wir finden diese auch. Wir haben uns zu einer finanziell schwarzen Null verpflichtet und setzen alles daran, diese zu erreichen.
… indem ihr die Kostensteigerungen vollumfänglich aufs Ticket abwälzt?
Der Ticketpreis ist eine der wenigen, planbaren Grössen, die sich positiv auf ein ausgeglichenes Budget auswirkt. Wir sind sehr dankbar, dass uns der Eidgenössische Schwingerverband (ESV) unterstützt und auch die Schwingerfamilie grossmehrheitlich bereit ist, einen Teil unserer Mehrkosten mitzutragen. Darüber hinaus sind wir ebenso in den Bereichen Sponsoring, Gastronomie und Fanartikelverkauf gefordert. So helfen uns auch die Festgeländebesuchenden, also diejenigen, die kein Arena-Ticket erhalten, dabei, unsere Kosten zu decken, indem sie sich auf dem Festgelände aufhalten und konsumieren. Wir wollen erstmals auch diesen Gästen die Möglichkeit geben, sich an den Kosten für ein einzigartiges Unterhaltungsprogramm zu beteiligen und werden ein «Festgeländebändeli» auf freiwilliger Basis zum Kauf anbieten.
Wie funktioniert das mit den Arena-Tickets? Warum gibt es nur so wenige? Was kann ich tun, wenn ich eines will?
Von den insgesamt 56 500 Plätzen, die unsere Glarnerland-Arena fassen wird, verkaufen wir 34 000 dem ESV, welcher diese seinerseits den Teilverbänden und -klubs weitergibt. So stellt der ESV sicher, dass das ESAF ein Fest für Schwingsportbegeisterte bleibt und nicht als Geldmaschine missbraucht wird. Die übrigen Tickets werden grösstenteils im Rahmen des Sponsorings weiterverkauft. Ein kleiner Teil der Tickets wird in einen öffentlichen Verkauf gelangen, dies Grössenordnung im Frühsommer 2025. Nur müssen wir auch hier ehrlich sein: Die Chancen, ein Ticket im öffentlichen Verkauf zu ergattern, sind verschwindend gering. So wurden die 4000 Tagestickets, die in Pratteln öffentlich angeboten wurden, von 220 000 Interessenten nachgefragt. Es gibt drei Varianten, dennoch die unvergleichliche Stimmung in der Glarnerland-Arena live mitzuerleben: Erstens mit einem Einsatz als Helfender. Während der Pausen dürfen sich unsere Gastgeber/-innen auf der eigens für sie hergerichteten Helfertribüne aufhalten. Zweitens mit der Beteiligung an unserem Crowdfunding. Drittens mit einem Engagement als Gabenspender/-in oder Sponsoring-Partner/-in. Zu allen drei Varianten gibt es detaillierte Informationen auf unserer Webseite. Wichtig zu wissen zum Thema Tickets ist abschliessend, dass jedes Ticket verkauft wird. Wir verschenken nichts und gewähren auch keine Preisnachlässe.
Ihr musstet – ebenfalls aus Kostengründen – auf die Integration der ÖV-Anreise ins Arena-Ticket verzichten. Damit kommen wir zu einem weiteren grossen Themenfeld: dem Verkehr. Ist das durch das ESAF induzierte Verkehrsaufkommen bewältigbar?
Der Verkehr stellt tatsächlich eine grosse Herausforderung dar. Das hat mit unserer Topografie und den Rahmenbedingungen zu tun und war uns von Anfang an bewusst. Darum haben wir in den vergangenen zwei Jahren sehr viel in die Erarbeitung eines funktionierenden Verkehrskonzeptes investiert. Wir haben ausgewiesene Experten beigezogen, Feldstudien gemacht und Simulationen veranlasst. Ich bin guten Mutes, dass wir den Verkehr gemeinsam bewältigen werden. Nicht ausgeschlossen sind aber systembedingte Wartezeiten. Hier braucht es allenfalls etwas Toleranz. Wir haben allerdings das grosse Glück, dass wir auf die Einstellung und Erfahrung unserer ESAF-Besuchenden zählen dürfen. Diese wissen, dass «früener chuu, speeter guu» die Devise ist, um Wartezeiten zu vermeiden. Aber auch unsere Einwohnenden können einen wesentlichen Beitrag zur stressfreien Abwicklung des erhöhten Verkehrsaufkommens leisten: In dem sie in der Festwoche das Auto möglichst in der Garage lassen und zu Fuss, mit dem Velo oder dem ÖV unterwegs sind. Dafür danke ich Ihnen, liebe Glarnerinnen und Glarner, jetzt schon sehr herzlich.
Damit ist das Verkehrschaos aber noch nicht abgewendet …
Das ist natürlich korrekt. Mit dem Aufruf allein, das Auto zu Hause zu lassen, ist es nicht getan. Wir haben daher attraktive Angebote erarbeitet, die unsere Gäste motivieren, gar nicht erst mit dem Auto individuell anzureisen, sondern den ÖV oder ÖV-ähnliche Verkehrsmittel zu nutzen. So werden beispielsweise die SBB ein Schwing-Billet verkaufen, das für die An- und Rückreise von Freitag bis Montag genutzt werden kann. Sie werden Extrazüge einsetzen und die Fahrpläne verdichten, um dazu beizutragen, dass am Samstagmorgen um acht Uhr jeder Ticketbesitzende auf seinem Platz in der Glarnerland-Arena sitzt. Für Gruppen und Tagesbesuchende werden Busse zu attraktiven Konditionen eingesetzt, welche die Gäste direkt am Rand des Festgeländes absetzen. Und unsere Langsamverkehrsteilnehmenden werden ein dichtes Netz an Fuss- und Radwegen sowie Velostandplätzen vorfinden, ebenfalls in nächster Nähe zum Festgelände. Nicht zuletzt empfehlen wir unseren Aufenthaltsgästen auf dem Campingplatz, im Hotel oder in der Privatunterkunft unser Motto «früener chuu, speeter guu» – schon am Donnerstag anreisen und erst wieder am Montag auf den Nachhauseweg gehen. Ich bin überzeugt, dass wir uns auch bezüglich Anreise auf unsere Gäste verlassen dürfen.
Sollte jemand trotzdem mit dem Auto kommen wollen – wie muss er sich das vorstellen?
Wir verfügen über 14 000 Parkplätze für den motorisierten Individualverkehr. Mehr haben wir nicht, mehr gibt es auch nicht. Erfahrungen vergangener ESAFs haben aber gezeigt, dass die bereitgestellten Parkplätze nie ausgeschöpft wurden. Die Parkplätze befinden sich im Raum Biäsche und im Riet entlang des Autobahnzubringers, welche je nach Anreiserichtung angefahren werden müssen. Von dort aus bringen dann Shuttlebusse die Gäste zum Festgelände. Aber es gibt auch Parkplätze, die im südlichen Glarnerland angesiedelt sind, für alle, die im Glarnerland nächtigen oder vom Klausen her anreisen. Von dort aus fahren Busse und Züge im Halbstundentakt oder ab Glarus im Viertelstundentakt nach Netstal. Der Kerenzerberg steht während der Festtage neben dem ÖV übrigens einzig den Molliserinnen, den Sportlern und den VIP-Gästen offen, also all denen, die über eine Zufahrtsberechtigung verfügen. Die Kantonsstrasse kann ganz regulär für den Berufs- und Pendlerverkehr – inklusive ÖV – von Linthal bis Bilten frei und ohne Beschränkung befahren werden. Selbstverständlich werden wir in den Medien auf den Grossanlass hinweisen und Nicht-ESAF-Besuchende bitten, diesen grosszügig zu umfahren.
Das ESAF ist immer grösser geworden. Was mit einem unvergleichlichen Attraktivitätsanstieg des Schwingens begonnen hat, bringt das ESAF als Institution an seine Grenzen. Wie geht es mit diesem Sportanlass weiter?
Der ESV als «Heber und Leger» des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfestes übergibt dem organisierenden OK – in diesem Fall unserem Trägerverein – ein Pflichtenheft, welches es umzusetzen gilt. Sprich, wir organisieren im Rahmen der Vorgaben des ESV das «Eidgenössische». Wie diese Rahmenbedingungen ausgestaltet sind und wie es mit dem ESAF generell in Zukunft weitergeht, ist daher nicht an uns als Organisationskomitee zu beurteilen, geschweige denn zu entscheiden. Ich bin unabhängig davon aber überzeugt, dass die Werte, die an einem ESAF erlebt und gelebt werden können, für unsere Schweiz von elementarer Bedeutung sind und es auch bleiben werden. Ein ESAF ist urchig, echt, berührend und ein Phänomen. Tragen wir Sorge dazu.
Ein Fest zu erleben, an dem die Werte unserer Eidgenossenschaft derart ursprünglich und echt ge- und erlebt werden können, hat Gänsehautcharakter. Haben Sie sich darum entschieden, ihre Pensionierung zu verschieben?
Ja, auch. Denn der Schwingerfamilie sind Werte wie Demut, Authentizität, Ehrlichkeit, Bodenständigkeit, Loyalität, Respekt, Leidenschaft und Zusammengehörigkeit wichtig; die Schwinger leben diese Werte während des sportlichen Wettkampfs in der Arena vorbildlich vor, was sich auf die Besucher/-innen überträgt. Damit ist ihr auch ein Verhalten, wie es von manchen Fussballfans, den Hooligenas, bekannt ist, fremd. Auf der Ehrentribüne beispielsweise sitzen die Schwingerfans bunt gemischt beieinander und vertreten Schwinger aus allen fünf Teilverbänden. Diese Tatsache führt stets zu interessanten Begegnungen und Gesprächen. Das ESAF ist die einzige Grossveranstaltung, die Messer und Glasflaschen in der Arena erlaubt – um miteinander anzustossen und Käse, Speck und Brot zu teilen, in absolut friedlichem Mit- und Nebeneinander. Das ist einmalig und beschert mir jedes Mal von Neuem eine Gänsehaut.
Bei allem Herzblut und aller Euphorie – nicht jeder befürwortet den Anlass. Wie stark spüren Sie das im Alltag?
Dem ist so. Wir wissen, dass nicht alle unsere Begeisterung für diesen Generationenanlass teilen. Das ist legitim und das respektieren wir. Dennoch rufe ich bei solchen Gelegenheiten ab und an in Erinnerung, dass wir Glarnerinnen und Glarner am 7. Mai 2017 «Ja» zum ESAF gesagt haben. So oder so, wir nehmen uns gerne Zeit, auch die kritischen Fragen und Anmerkungen zu beantworten. Denn das ESAF 2025 Glarnerland+ wird für uns alle ein Ausnahmezustand. 350 000 Gäste besuchen das Fest während dreier Tage. Tausende werden im Gebiet übernachten, konsumieren und feiern. Und sie werden kommen, diese Gäste, das ESAF wird stattfinden. Und zu diesem Generationenanlass laden wir alle herzlich ein. Auch wenn man nicht schwing-affin ist, stellt ein ESAF ein aussergewöhnliches und einmaliges Abenteuer dar, das muss man einfach einmal erlebt haben. Wem dieser Ausnahmezustand zu viel ist, dem legen wir ehrlicherweise eine Auszeit ausserhalb des Glarnerlandes nahe: Seien das ein paar Tage im Ferienhaus, eine Woche Strandferien oder eine Städtereise. Gleichzeitig kann er oder sie jedoch ihre vier Wände einem Schwingerfan zu einem fairen Preis zur Verfügung stellen und so einen Beitrag an die Glarner Gastfreundschaft leisten. FL