Die fast 10 000-jährige Eiche wurde schon vor über 40 Jahren gefunden – jetzt liefert sie spektakuläre neue Erkenntnisse zum Flimser Bergsturz.
Für die Wissenschafter der Uni Bern, der ETH Zürich und des Archäologischen Dienstes des Kantons Graubündens ist es, als wenn die 9852-jährige Eiche sprechen könnte. Dank der Kombination von Baum-Jahresring-Analysen und der C 14-Radiokohlenstoff-Datierung wird die Geschichte des Flimser Bergsturzes neu geschrieben. Der Baumstrunk sagt: «Ich war, als ich damals nach dem Flimser Bergsturz vom neu gebildeten Ilanzersee überflutet wurde, 359 Jahre alt. Das Jahr der Überflutung war 7469 vor Christi Geburt.» Bedeutet: Der Flimser Bergsturz, der mit einem Volumen von über 10 Kubikkilometern Fels die Bündner Surselva bis heute prägt, konnte genauestens datiert werden. Es ist, wie die TektonikArena Sardona in einer Medienmitteilung schreibt, die bisher genaueste Altersbestimmung des Ilanzersees (siehe Grafik) und damit auch des Flimser Bergsturzes. Er fällt in den jüngsten und wärmsten Abschnitt der nacheiszeitlichen Klimastufe des Boreals, in dem es im Alpenraum an verschiedenen Orten infolge der extremen klimatischen Bedingungen zu solchen Ereignissen kam.
1000-jähriger See
Im Rahmen einer neuen fast 30 Meter tiefen Bohrung bei Castrisch (eine Gemeinde der Fraktion Ilanz/Glion) am Vorderrhein konnten zudem die Sedimente des ehemaligen Ilanzersees untersucht werden. Der bis zu 25 km lange See existierte nach dem Flimser Bergsturz etwa 1000 Jahre lang (bis vor ca. 8500 Jahren) und füllte sich allmählich mit Schlamm, zugeführt durch den Vorderrhein und seine Zuflüsse. Die Entleerung des Sees begann durch den Abtrag des natürlichen Bergsturz-Damms und hinterliess die eindrucksvolle Ruinaulta/Rheinschlucht. Die Analyse des Bohrkerns von Castrisch ermöglichte es, die Entstehung und Lebensdauer des Sees und seine Entleerung zeitlich einzuordnen. Der Ilanzersee hatte ursprünglich einen Seespiegel von etwa 820 m ü. M. Die nahezu komplette Entleerung des Sees erfolgte nach Analyse der Ablagerungen zwischen 3800 und 3653 vor Christus. Bestehen blieb in der Folge ein Restsee mit einer maximalen Höhe von 700 m ü. M. Auch die Eintiefung des Vorderrheins in der Ruinaulta (heute eine bis zu 400 Meter tiefe und rund 13 Kilometer lange Schlucht) muss auf diesem Niveau oder tiefer gelegen haben. Tatsächlich sind in der Ruinaulta alte Flusskiese auf den Seitenwänden der Schlucht erhalten, welche auf einen Verlauf des Vorderrheins auf 660 m ü. M. zwischen den Stationen Valendas/Sagogn und Versam/Safien belegen. Der Einschnitt der Ruinaulta erfolgte somit, so die Tektonikarena Sardona, in einer Zeitspanne vor etwa 5600 Jahren und dürfte den jungsteinzeitlichen Menschen im Rheintal mit Überschwemmungen das Leben schwer gemacht haben. (pd/mk)