Erster Zürcher Zukunftspreis belohnt Forscherin aus Feldbach für Mut und Beharrlichkeit

Devi Bühler im Eingangs- und Wohnbereich des Kreishauses. (Foto: sga)

Ein fast autarkes Tiny-House hat Devi Bühler auf dem Landgut Oberschirmensee in Feldbach aufgebaut. Nun wurde sie für ihre unermüdliche Arbeit und für das Projekt ausgezeichnet. Und die Arbeit geht weiter.

Nein, das Kreishaus heisst nicht Kreishaus weil es rund ist, denn das ist es nicht. Es geht um Kreisläufe, die in diesem Haus auf dem Landgut Oberschirmensee im zürcherischen Feldbach seit 2021 funktionieren. Ein möglichst autarkes Haus, das mit rezyklierten und natürlichen Materialien erbaut wurde, aber nicht an Komfort einbüsst.

Bewohner als Teil des Kreises
Sie gehen aufs Klo und machen in Ruhe ihr Geschäft und düngen gleich das «Hochbeet» im Dachgeschoss? Ja, das ist ein Teil eines Kreislaufs. Fest- und Flüssigstoffe werden getrennt, gespült wird nicht, sondern gepumpt und so wird Wasser gespart, das wir mit den heute üblichen WC-Spülungen literweise ins Abwasser spülen. Wasser gibt es im Kreishaus auch, denn das Regenwasser wird gesammelt und aufbereitet. Den Strom dazu liefern Solarzellen auf dem nach Süden ausgerichteten Dach. Das Bad des Hauses ist mit Abdeckungen aus Glassplittern und Kunststoffabfällen gebaut, der Wohnraum wird durch Infrarot-Heizkörper erwärmt und die ganze Konstruktion ist aus massiven Holzkomponenten und Lehm gebaut. Aus der Sitz-Lounge lässt sich ein Esstisch ziehen und Schubladen unter den Sitzflächen sind Stauraum. Die Küche ist aus hochwertigem Metall und stabilen Oberflächen gefertigt, die eine lange Lebensdauer garantieren. Aktuell wird das Kreishaus durch eine Biogasanlage erweitert – das Projekt läuft weiter.

Wer baut so ein Haus?
Diese Frage hat sich wohl auch Devi Bühler anfangs gestellt. Vor zwölf Jahren hat die gelernte Drogistin die Idee aufgegriffen, die Kreisläufe bei Bauten zu hinterfragen, neu zu planen und auch umzusetzen. Im Gespräch mit Devi Bühler merkt man am verschmitzten Lächeln, dass sie die Auszeichnung als erster Zürcher Zukunftspreis wirklich freut. Für sie ist es eine Bestätigung für jahrelange Arbeit: Netzwerken, Geld organisieren, Ideen technisch umsetzen und gleichzeitig erlangtes Wissen zu vermitteln. Sie habe sich manchmal alleine gefühlt, sagt sie bescheiden. Kein Wunder, machte sie nach der Lehre als Drogistin berufsbegleitend die technische BMS und begann ein Studium in Umweltingenieurwesen an der ZHAW – einer Männerdomäne. Den Bachelor schloss sie erfolgreich in nachhaltigem Bauen, mit Vertiefung in Umweltingenieurwesen ab. Aktuell ist Devi Bühler als Dozentin an der ZHAW in Ökotechnologie mit Fokus Wasser angestellt. Gleichzeitig ist sie Doktorandin an der Universität Gent in Belgien und wird dieses Frühjahr abschliessen.

Projekte in Südafrika
Devi Bühler wird künftig viel Zeit in Südafrika verbringen – einem Land, in dem sie schon erfolgreich ein Projekt verwirklicht hat: Ein Waschsalon, betrieben von vormals Obdachlosen. In den Slums von Kapstadt ist Wasser knapp, sauberes sowieso. Also entwickelte man einen Kreislauf, in dem das Wasser aus der Waschmaschine wieder aufbereitet und für die folgenden Waschgänge genutzt werden kann. Zugleich bekamen Obdachlose die Möglichkeit, einer Arbeit nachzugehen, Verantwortung zu übernehmen und sich teilweise auch wieder in die Arbeitswelt zu integrieren – ein Kreislauf im menschlichen Sinn. Ihre weitere Forschungsarbeit wird im Auftrag der ZHAW in Südafrika stattfinden, wo sie an Themen arbeiten kann, die uns vielleicht durch den Klimawandel bald auch hier betreffen.

Synergy Village
Das Landgut Oberschirmensee verfiel vor Jahren nach Aufgabe der landwirtschaftlichen Tätigkeit zunehmend. Devi Bühler hat zusammen mit ihrem Bruder Ezra in den letzten Jahren das Gut auf Vordermann gebracht. Mit viel Engagement von Volontären, Eigenleistung und vor allem Optimismus. Das alles muss man haben, wenn man Ziele erreichen will. Das Kreishaus ist ein tolles Beispiel, was man mit Mut und Beharrlichkeit erreichen kann. Das Haus ist mit natürlichen Materialien auf Stelzen gebaut, belegt insofern keinen Boden, lässt sich als temporär bewilligtes Objekt auch jederzeit wieder abbauen – um es anderswo wieder aufzubauen. Dafür ist der Zukunftspreis zu Recht zugesprochen worden.

Sven Gasser

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