Am Schüblig-Ziischtig gibt’s erstmals vegane Würste

Ein Novum: So sehen vegane Würste aus. (Foto: zVg)

Bubikon – Am Dienstag um 05.00 Uhr geht’s los. Für den Schüblig-Ziischtig werden in der Metzgerei Minnig am Bachtel über 24 000 Würste von Hand hergestellt – erstmals auch vegane! Ein Novum in der 503-jährigen Schüblig-Geschichte.

Am Dienstag, 4. März – spät wie selten – wird im Zürcher Oberland der Schüblig-Ziischtig gefeiert. Ein Brauchtum, das seinen Ursprung im Jahre 1522 kurz vor der Zürcher Reformation hat.

24 000 Würste
In der Metzgerei Minnig am Bachtel gehen die Schüblige ab nächsten Dienstag durch die Decke. Karl Minnig (61), Betreiber des Familien-Unternehmens, erwartet einen neuen Rekord. Vor gut 20 Jahren waren es am Schüblig-Ziischtig 1690 Würste, 2021 schon 14 000. Ein Jahr darauf knackten die Minnigs die 20 000er-Grenze. Im vergangenen Jahr wurden 23 000 Därme mit viel Rind, wenig Schwein, Schwarte, Speck und Gewürzen wie Kardamom oder Pfeffer abgefüllt. Der Patron zu den «Obersee Nachrichten»: «Für dieses Jahr rechnen wir mit 24 000 oder mehr.»

40 Tage Fastenzeit
Das späte Datum des diesjährigen Schüblig-Ziischtig spielt dem Metzger in die Karten. Minnig: «Letztes Jahr fiel der Schüblig-Ziischtig in die Schulferienzeit, jetzt nicht.» Heisst: Das Datum ist dem Metzger alles andere als Wurst.

Der späte Termin hängt mit dem Vollmond-Zyklus zusammen. Entscheidend ist der Zeitpunkt des Ostersonntages – und der ist traditionell am ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond nach dem Frühlingsanfang am 20. März. Vor Ostern (bis zum Karsamstag) zelebrieren die strenggläubigen Katholiken die 40-tägige Fastenzeit. Und einen Tag vor Beginn der fleischlosen Zeit steigt im Zürcher Oberland der Schüblig-Ziischtig. Dieses Jahr mit einer Revolution, die sich schon ein, zwei Jahre abzeichnete. Im Sortiment der 15 verschiedenen Schüblig-Arten ist neu eine Bärlauch-Wurst. Und – für viele unvorstellbar – eine vegane Wurst!

«Was ist vegan?»
Wie hätte Metzger Minnig vor 20 Jahren reagiert, wenn ihm ein Mitbürger prophezeit hätte, dass er im Jahre 2025 vegane Würste produzieren würde?
Minnig: «Zuerst hätte ich gefragt: Was ist vegan? Aber weil ich mich immer mit dem Markt auseinandergesetzt habe, hätte ich geantwortet: Wenn auf dem Markt das Potenzial besteht, dann würde ich auch einen veganen Schüblig anbieten.»
Ivo Schmucki, bei den Minnigs Leiter der Kommissionierung, war die treibende Kraft hinter dem veganen Schüblig. Minnig: «Er hatte an den Sitzungen lange einen schweren Stand. Sicher fünfzig Mal hat er uns vegane Würste zum Versuchen gegeben. Niemand war wirklich begeistert.»

Vegane Würste fordern Opfer
Der Game Changer (ein Ereignis, das die Verhältnisse grundlegend ändert) war eine neue Geschmacksrichtung: Tomaten, Oregano und Pilze wurden beigemischt. Minnig: «Das gibt ein vollmundiges, mediterranes Aroma, bei dem alle Sinne angesprochen werden.» Die Grundbasis des veganen Schübligs ist Seitan, ein veganes Lebensmittel aus Weizeneiweiss (Gluten) mit fleischähnlicher Konsistenz. Seitan ist in Japan seit jeher Teil der Tempura-Küche. Statt in Rindsdarm, wie bei den 14 anderen Schüblig-Arten, wird die Seitanmasse für die veganen Würste bei den Minnigs in eine Ersatzhülle aus Zellulose gefüllt. Die Schüblig-Revolution forderte zwei prominente Opfer. Für die Bärlauch-Variante und den veganen Schüblig mussten der Hallauer- und der Bachtel-Schüblig über die Klinge springen. Minnig: «Der Hallauer war der Liebling meiner Frau. Er hatte Schinkenwürfeli und Kümmel drin. Doch ‘Chümmi’ ist aus der Mode geraten. Der Bachtelschüblig war ein Rezept meines Vaters. Und mein Lieblingsschüblig.»

Max Kern

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