Der Verein Schweizer Gastfamilien vermittelt Kindern aus sozial schwachen Familien in Deutschland für zwei Wochen Sommerferien bei Gastfamilien in der Schweiz. Viele Kinder möchten kommen – es gibt jedoch zu wenige Gastfamilien.
Die Sorgen zu Hause lassen und zwei Wochen lang unbeschwert den Sommer geniessen können. Für viele Familien ist das selbstverständlich. Aber viele Kinder aus sozial schwachen Familien kennen dieses Gefühl nicht.
Deshalb vermittelt der Verein Schweizer Gastfamilien seit 1990 Kindern aus dem Raum Leipzig, die aus schwierigen familiären Verhältnissen kommen, Gastfamilien in der Schweiz. Sandra Wohlgemuth aus Wagen SG ist Mitglied im Vorstand des Vereins und selbst Gastmutter, ihr Ferienkind Mandy kommt diesen Sommer das 10. Mal in die Schweiz.
Mandy kam im Alter von sechs Jahren erstmals zur Familie Wohlgemuth. Über die Jahre hinweg entstand eine stabile und herzliche Beziehung, die bis heute Bestand hat. Sandra Wohlgemuth und ihr Mann haben selbst drei Mädchen und einen Bub. «Streit gibt es selten», sagt Wohlgemuth, «sie haben es immer recht gut miteinander.» Die Familie geht mit Mandy viel in die Natur, zum «Bräteln» in den Wald oder Wandern. «Das kannte Mandy früher gar nicht.» Mittlerweile sei sie diejenige, die vorschlage, Wandern zu gehen.
Gastfamilie braucht Verständnis
Wichtig sei, dass man den Familienalltag nicht völlig für die Gastkinder auf den Kopf stelle. «Man muss nicht täglich irgendwelche Unternehmungen planen. Die Kinder kennen oft nur den Fernseher zu Hause oder sind auf sich allein gestellt. Sie sollen einfach den Familienalltag miterleben können und das machen, was die Gastfamilie sonst auch tut.» Die Familien sollten viel Verständnis und Einfühlungsvermögen mitbringen. «Und das Bewusstsein, dass es auch mal schwierig werden könnte», so Wohlgemuth.
Wie stellt der Verein sicher, dass das Ferienkind zur Gastfamilie passt? «Wir kriegen vom Deutschen Roten Kreuz, dem Partner des Vereins, einen Bericht über die Kinder. So können wir abschätzen, welches Kind zu welcher Gastfamilie passt – auch mit dem Alter der eigenen Kinder.» Bei Buben im selben Alter müsse man zum Beispiel immer etwas schauen wegen Eifersucht und Rivalität. Und was passiert, wenn es doch einmal Probleme gibt? «Jede Gastfamilie bekommt eine Vertrauensperson vom Verein zugewiesen», so Wohlgemuth. Zusätzlich habe man auch eine Psychologin im Team, die bei Bedarf unterstützen könne.
Die Kinder kommen vom 12. Juli bis zum 26. Juli mit dem Car aus Deutschland. Der Bus hält auf seiner Route durch die Schweiz an sechs Orten, an denen die Gastfamilien, ihr Ferienkind abholen können.
Es können zwischen 30 und 35 Kinder mitfahren. Dieses Jahr sei jedoch speziell, wie Sandra Wohlgemuth betont. «Es wollen viel mehr Kinder mitfahren, als wir Gastfamilien haben.» Denn zusätzlich zu den Kindern, die seit Jahren jeden Sommer zu ihren Gastfamilien in die Schweiz fahren, hätten sich viele neue Kinder beim Deutschen Roten Kreuz angemeldet.
Die Kinder sind zwischen sieben und zehn Jahre alt. Gastfamilie werden kann man als Paar, mit oder ohne eigene Kinder. Und auch als alleinstehende Frau oder Grosselternpaar ist es möglich, ein Kind aufzunehmen.
Katharina Herzig