Absprung verpasst? Simi (43) fliegt weiter

Bei den Fans immer noch beliebt: Doppel-Doppel-Olympiasieger Simon Ammann. (Foto: freshfocus)

Doppel-Doppel-Olympiasieger Simon Ammann, erfolgreichster Schweizer Skispringer aller Zeiten, hat mit bald 44 Jahren wieder einmal eine verkorkste Saison hinter sich. Hat der Obertoggenburger nicht nur auf dem Schanzentisch den Absprung verpasst?

Je zwei Goldmedaillen an Olympia 2002 in Salt Lake City (USA) und 2010 im kanadischen Vancouver, Weltmeister 2007 im japanischen Sapporo auf der Grossschanze, Vize-Weltmeister auf der Normalschanze, 23 Weltcupsiege, 80 Weltcup-Podeste im Einzelspringen und Skifliegen, 33 (!) Medaillen an Schweizer Meisterschaften – der Obertoggenburger Simon Ammann (bald 44) hätte schon vor Jahr(zehnt)en aufhören können – und wäre bis heute der mit Abstand beste Skispringer des Landes. Gar ein Asteroid, genauer ein Jupiter-Trojaner, ist seit Januar 2024 nach ihm benannt.

Den ersten Höhepunkt erlebte der 1,71 m kleine Toggenburger 2002. Auf seiner Homepage beschreibt er die Saison folgendermassen: «Aber in der Saison 2001 zahlte sich das Trainieren und Tüfteln endlich wieder aus. Nach einem etwas holprigen Start in die Saison konnte ich viermal in Serie auf das Weltcuppodest springen. Bei der Vierschanzentournee wurde ich sogar Sechster in der Gesamtwertung. Doch nun, da sich Erfolg an Erfolg zu reihen schien und wohl viele das Gefühl hatten, dass der erste Weltcupsieg eher heute als morgen kommen würde, kam es doch ganz anders. Es war beim Training für das Weltcupspringen in Willingen, ich sprang etwas zu aggressiv ab und stürzte kopfüber auf den Hang. Und das ausgerechnet kurz vor den Olympischen Spielen in Salt Lake City. Aber ich hatte Glück und kam nur mit einer leichten Verletzung davon. Mit einer Gehirnerschütterung und einigen Prellungen wurde ich nach Hause geschickt. Nach einer Zwangspause war ich aber rechtzeitig für Salt Lake City wieder fit.»

«Flieg, Simi, flieg!»
Simi schreibt weiter: «Und in Salt Lake City passierte Unglaubliches. Ich war am Tag X bereit, und zwar an beiden Tagen X. Ich konnte auf der Normal- und auf der Grossschanze Gold gewinnen. Durch meine Zwangspause nach Willingen, hatte ich mich sozusagen selbst aus dem Rennen genommen und so kamen meine Siege für viele Leute wie aus dem Nichts. Und ein Aussenseitersieg ist etwas, was insbesondere die Amerikaner besonders mögen. In den folgenden Tagen kam ich fast nicht mehr zur Ruhe. Der Höhepunkt des Rummels war wohl der Auftritt in der ‹Late Show with David Letterman›.» Auch in der «Tonight Show» von Jay Leno war Simi. Er bekam wegen seiner Ähnlichkeit mit Roman-Figur Harry Potter rasch den Übernamen «Harry Potter der Lüfte». Und auch auf die Titelseite der «New York Times» brachte es Simi.

Ammann mit seinem silbernen Sieger-Wintermantel, ein Bild für die Ewigkeit. Wie auch der Anfeuerungsruf von SRF-Reporter Michael Stäuble während Simis Goldflügen: «Flieg, Simi, flieg!»

In den letzten Jahren ist die Karriere des Bauernbuben aus Unterwasser arg in Stocken geraten: Den letzten Weltcupsieg holte Ammann Ende November 2014 – vor über zehn Jahren! Zum letzten Mal auf dem Podest landete  Simi Mitte Januar 2018 beim Skifliegen in Bad Mitterndorf. Ist auch schon über sieben Jahre her. In der abgelaufenen Weltcup-Saison holte Amman gerade mal zwei Pünktchen – er wurde gar in den zweitklassigen Continental Cup (COC) zurückgestuft. Dort landete er zum Beispiel Mitte März 2025 als drittbester Schweizer auf dem enttäuschenden 32. Platz – über 30 Meter hinter Sieger Markus Müller (Ö).

Rücktritt? Darüber sprach Simi schon vor elf (!) Jahren: «Ich spüre, dass der Zeitpunkt für einen Rücktritt noch nicht gekommen ist. Ich bin überzeugt, dass ich mit einem guten Aufbau weiterhin in der Weltspitze Skispringen kann.» Und jetzt? 2025, mit bald 44 Jahren. Rücktritt? Von wegen! Nach der WM, übrigens seiner 13. Teilnahme, sagte Simi auf die Frage von SRF, ob Olympia 2026 ein Ziel sei: «Es ist ein Ziel, ja! Ich hätte niemals die Energie, die ich jetzt im Januar investiert habe in den Sprung, wenn ich nicht noch ein längerfristiges Ziel hätte.»

Weiterfliegen bis 50?
Swiss-Ski-Boss Urs Lehmann (1993 Abfahrts-Weltmeister in Morioka, Japan) sagte in einem Interview mit «Blick» kürzlich: «Simon fasziniert mich bis heute. Wenn man mit ihm übers Skispringen redet, leuchten seine Augen immer noch wie am ersten Tag. Solange er die sportlichen Kriterien erfüllt, und das macht er, soll er dabeibleiben. Von mir aus kann Simi weitermachen, bis er 50 ist.» Weiter sagt der Ski-Boss: «Du kannst nicht zu spät aufhören, nur zu früh. Es gibt viele, die zu früh aufgehört und es später bereut haben. Den Fehler soll er bloss nicht machen.»

Max Kern

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