Mulegns GR: In 12-Seelen-Dorf steht Weltrekord-Turm

Zuckersüss: Der Turm soll an die Bündner Zuckerbäcker erinnern, die einst Europa bereisten. (Foto: Benjamin Hofer)

Zur Einweihung reist auch Bundesrat Guy Parmelin nach Mulegns GR. Neu verzaubert der höchste 3D-gedruckte Bau der Welt das 12-Seelen-Dörfchen am Julierpass.

30 Meter hoch, gefertigt an der ETH Zürich – und der ganz in Weiss gehaltene Turm soll laut der Kulturstiftung Origen und ihrem Intendanten Giovanni Netzer an die Emigrationsgeschichte der Bündner Zuckerbäcker, die einst ganz Europa bereisten, erinnern. Origen schreibt: «Er (der Turm) transformiert ein aussterbendes Dorf, das gerade noch zwölf Einwohner zählt, in ein Zentrum für digitale Baukultur. Und er beweist, dass Forschung und Kultur zu grossartigen Symbiosen fähig sind.»

Zuckerbäcker brachten Ruhm
Origen weiter: «Mulegns liegt an der historischen Julierstrasse, die schon vor Jahrtausenden von Händlern, Säumern und Söldnern begangen wurde. Im aufkommenden Tourismus des 19. Jahrhunderts erlebte das Dorf seine grösste Blüte. Emigrierte Zuckerbäcker kehrten ins Dorf zurück und errichteten prächtige Villen. Hotelpioniere begründeten einen gehaltvollen Tourismus im Tal. Danach wurde es wieder still im Dorf. Mit dem Bau des Weissen Turms belebt Origen die reiche Kulturgeschichte des Dorfes und legt den Grundstein für eine neue Blütezeit.» Im Jahr 1900 zählte das Passdorf Mulegns in seiner grössten Blütezeit 149 Einwohner, vor zehn Jahren waren es noch 26, jetzt wie erwähnt nur noch 12.

Über die Architektur des Bündner Weltrekord-Turms ist zu lesen: «Der Weisse Turm umfasst 32 einzigartige, 3D-gedruckte Säulen. Jede Säule ist mit einer kühnen Vielfalt an Formen und feiner Ornamentik auf mehreren Massstabs-Ebenen gestaltet. Die robotische Fertigung spielt virtuos mit dem Materialverhalten und entwickelt dabei eine eigene ornamentale Sprache, die der Struktur eine rätselhafte, faszinierende Präsenz verleiht und eine einzigartige taktile Oberfläche zwischen Stein und Textil offenbart. Diese neue digitale Handwerkskunst erinnert an die Kunstfertigkeit der barocken Baumeister Graubündens und schlägt eine Brücke zwischen historischen Traditionen und zukünftigen Innovationen.»

Und: «Der gewölbte Aufführungsraum mit zentraler Bühne wird von 32 Sitzplätzen umrundet. Den Besuchenden bietet sich ein atemberaubender Ausblick aufs Dorf und die majestätische Alpenlandschaft der Val Surses. Mit Einbruch der Dämmerung verwandelt sich der Weisse Turm: Seine markanten Öffnungen leuchten wie eine Laterne auf und lassen ihn als Leuchtturm entlang der historischen Julierpassroute erscheinen.»

Nach 5 Jahren geht’s weiter
Prof. Dr. Benjamin Dillenburger von der ETH Zürich und Michael Hansmeyer, die Architekten des Weissen Turms, schreiben: «Der Weisse Turm ist für die Kreislauffähigkeit konzipiert: Durch die Verwendung von lösbaren Verbindungen kann er nach seinem fünfjährigen Einsatz in Mulegns demontiert und an einem neuen Standort wieder aufgebaut werden.»

2500 gedruckte Betonschichten – 10 Millimeter hoch, 15 - 20 Millimeter tief – bilden das Bauwerk. Die geschätzte Druckzeit betrug 900 Stunden. Die Kosten des Gesamtprojekts belaufen sich auf 4,4 Mio. Franken.

Gleichzeitig mit der Eröffnung des Weissen Turms durch SVP-Bundesrat Parmelin wurde auch eine temporäre Gelateria in Betrieb genommen. Sie soll den kulturhistorischen Bezug zu den Bündner Zuckerbäckern herstellen.

Max Kern

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