Sarina Scherrer: «Man darf keine Angst haben, aber viel Respekt»

Sarina Scherrer ist seit sieben Jahren Schiffsführerin auf dem Walensee. (Foto: zVg)

Sarina Scherrer (31) aus Unterterzen ist die erste und aktuell einzige Schiffsführerin auf den Zweideckschiffen der Walenseeschifffahrt.

Ihre Familie ist eng mit dem Walensee verbunden. Ihr Vater ist selbst Schiffsführer und Betriebsleiter der Walenseeschifffahrt. War für Sie schon immer klar, dass Sie auch Schiffsführerin werden möchten?
Nein eigentlich gar nicht. Ich habe eine Ausbildung zur Bäckerin/Konditorin gemacht. Eines Mittags hat mein Vater zu Hause erzählt, dass er für die kommende Sommersaison noch Aushilfen im Service sucht. Dann habe ich gesagt, dass ich diesen Nebenjob gerne aushilfsweise machen würde. Und so hat alles angefangen. Nach zwei Saisons habe ich ihn gefragt, wie es wäre, wenn ich selbst auch fahren würde. Zuerst dachte er, ich mache einen Witz. Nachdem er den Vorschlag in der Geschäftsleitung gemacht hatte, durfte ich einen Schnuppertag absolvieren. Ich stellte mich gar nicht so schlecht an, also durfte ich die Ausbildung im Dezember 2017 starten.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag auf dem Walensee aus?
Der beginnt schon zu Hause mit dem Checken des Wetters. Wenn ich zur Arbeit komme, mache ich das Schiff, das ich an dem Tag fahren werde, betriebsbereit. Das heisst, ich kontrolliere den Zustand des Schiffes und der Maschinen, putze die Fenster, tanke und so weiter. Die Besatzung wird informiert, was heute alles los ist und dann fahren wir in Unterterzen los. An diversen Stationen werden Leute ein- und ausgeladen. Mittagspause machen wir in Unterterzen oder Quinten. Danach fahren wir weiter nach Fahrplan, bis wir in Unterterzen wieder Dienstschluss haben. Das Schiff wird festgebunden, gereinigt und vielleicht werden noch Getränkeharassen eingeladen, damit es für den morgigen Einsatz wieder bereitsteht.

Was sind die schönsten Momente in Ihrem Beruf?
Die wunderschöne Natur, die unser Arbeitsplatz uns bietet – vor allem die goldigen Farben im Herbst. Aber auch wenn die Gäste zufrieden von Bord gehen.

Sie haben schon stürmische Fahrten erlebt. Wie behalten Sie in brenzligen Situationen die Ruhe?
Man darf keine Angst vor Stürmen oder brenzligen Situationen haben, aber viel Respekt. Gut mit der Besatzung kommunizieren und ruhig, besonnen und energisch handeln. Auch auf die Erfahrung meines Vaters, welcher schon einige Stürme und unvorhersehbare Situationen erlebt hat, lege ich sehr viel Wert und er hat auch immer einen hilfreichen Tipp, den er gerne teilt.

Gibt es ein Erlebnis auf dem See, das Sie nie vergessen werden?
Im Juni 2021 war ich mit dem MS Churfirsten unterwegs und geriet in meinen ersten richtigen Sturm mit viel Hagel und Windspitzen bis 110 Kilometern pro Stunde. Es war schon eindrücklich, wie schnell das Wetter umschlug. Da ist man am Abend einfach glücklich, wenn man unbeschadet mit Schiff und Besatzung zurück im Hafen ist. Am Tag danach mussten wir mit der Schneeschaufel noch die Hagelkörner vom Deck schaufeln.

Sie sind die erste Frau am Steuer der grossen Zweideckschiffe auf dem Walensee. Wie wurden Sie aufgenommen?
Die meisten Leute reagieren sehr positiv darauf, mit einer Frauen-Besatzung fahren zu dürfen. Viele sagen auch, dass die Frauen feinfühliger fahren würden. Ich habe aber auch schon andere Kommentare erlebt, etwa dass die Frauen heute denken würden, sie müssten alles können. Das stecke ich dann weg und denke, die sind nur auf meinen Traumjob neidisch.

Was würden Sie jungen Frauen raten, die einen ähnlichen Weg einschlagen möchten?
Erfolg ist kein Glück, sondern nur das Ergebnis von Blut, Schweiss und Tränen. Glaubt an euch, kämpft und geht euren eigenen Weg.

Wo in der Region verbringen Sie am liebsten Ihre Freizeit?
Am See beim Sonnenbaden oder in den Bergen rund um den Walensee beim Wandern.

Katharina Herzig

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