Kein Witz: Exakt vor 100 Jahren wurde in Tuggen SZ nach Erdöl gebohrt. Auch mithilfe von Wünschelruten. Der letzte Bohrkern stammt aus einer Tiefe von 1640 Metern.
Anstatt «Der Denver-Clan» hätte die TV-Serie «Der Tuggen-Clan» heissen müssen. Ein Strassenfeger über Ausserschwyzer Ölbarone. Kein Schweizer Regisseur dachte in den letzten 100 Jahren ernsthaft daran, ein Drehbuch über Tuggener Erdöl-Könige zu schreiben – denn es wurde kein einziger Tropfen des Schwarzen Goldes gefunden, auch in 1640 Metern unter der Erde nicht.
«Die Ölsuche in der Linthebene beginnt auf obskure Weise», schreibt Kunsthistoriker Dr. Stefan Paradowski aus Lachen SZ, «unter Zuhilfenahme von Wünschelruten wird eine Kreuzung von zwei Erdöladern im Eigentum der Genossenkorporation Tuggen vermutet.»
Es wird ein Konsortium – unter anderen mit dem Schwyzer Kantonsrat Dr. Joseph Räber (†1934) – gegründet, das einen Kostenvoranschlag vorlegt. Es wird die Bergbaufirma Mineralschürf in Küssnacht am Rigi gegründet und die Ausführung an eine Firma aus Salzgitter (D) übertragen.
Mitte April 1925 treffen laut Paradowski «in Uznach in mehreren Eisenbahnwagen die notwendigen maschinellen und technischen Einrichtungen ein und werden von dort ins Bohrgelände, wo sich einst der Tuggener See (1535 zum letzten Mal urkundlich erwähnt) ausbreitete, gebracht. Im Riedland entsteht bald ein etwa 25 Meter hoher turmartiger Bau.» Schon vor Bohrbeginn und der erhofften Erdöl-Euphorie warnt Geologie-Professor Albert Heim (†1937): «Man wird keines finden!» Der Bohrbetrieb nimmt seine Arbeit am 4. Juni 1925 auf – vor exakt 100 Jahren. Es wird in drei Schichten Tag und Nacht gebohrt. Nach einjähriger, erfolgloser Erdölsuche wird den 19 Arbeitern gekündigt. Sie werden später trotzdem weiterbeschäftigt, weil man daran glaubt, in 1000 Metern Tiefe auf ölhaltiges Gestein gestossen zu sein. Schliesslich wird für über eine Million Franken bis in eine Tiefe von 1640 Metern gebohrt. Zum Vergleich: Vom Glarner Aussichtsberg Hirzli sieht man von einer Höhe von 1641 Metern in die Linthebene. Am 8. Juni 1928 werden die Bohrversuche eingestellt. 20 Jahre später lassen sich Tuggener Bürger und ihre Kinder (in Schale mit kurzen Hosen) mit Bohrkernen von damals ablichten.
Max Kern