Von einem Wahlkampf ist in der Stadt noch gar nicht so viel zu spüren. Am Wahlpodium im Kreuz Jona sollten erstmals die Klingen gekreuzt werden. Dies vor reich aufmarschiertem Publikum.
Einzeln werden sie von Moderator Benjamin Sinniger, der gekonnt und mit Schalk durch den Abend führt, auf die Bühne gebeten. Ladies first: Tanja Zschokke (Grüne), dann Ueli Dobler (Die Mitte), Christian Leutenegger (parteilos), Luca Eberle (SP) und Johannes «Joe» Kunz (parteilos). Auf die erste Frage bezüglich Motivation wieder für den Stadtrat anzutreten, äussert Bauchef Leutenegger, dass trotz der intensiven letzten Jahre die Freude am Job stets überwogen habe. Zudem sei er mit vielen Bauprojekten beschäftigt, die er erfolgreich begleiten oder beenden möchte. Sofern er bei einer Wahl denn auch Bauchef bliebe, denn die einzelnen Ressorts werden erst nach erfolgter Wahl intern verteilt. Ein weiterer Vollamtlicher, Luca Eberle, seines Zeichens Schulpräsident, will die Schulen in der Stadt weiterentwickeln. Die Motivation für den Neuling, Joe Kunz, ist eine einfache: «Rapperswil-Jona ist Kern meines Lebens. Ich bin hier aufgewachsen, möchte etwas bewegen und neuen Drive reinbringen.» Augenzwinkernd merkte er an: «Ich möchte mit guten Projekten die Stadt berauschen.» Kunz handelt mit Glühwein und alkoholischen Getränken.
Stimmung in der Bevölkerung
Auf die Frage, wie sie die Stimmung in der Bevölkerung einschätzen, meinte Tanja Zschokke, dass es dem Gewerbe im Grossen und Ganzen gut gehe. Und Ueli Dobler fand, dass man vielfach das höre, was nicht gut, anstelle dessen, was gut sei. Christian Leutenegger verwies auf 26 von 27 Vorlagen, die durch die Bürgerschaft in den letzten Jahren gutgeheissen wurden, an Urne oder Bürgerversammlung. Joe Kunz sieht es anders. Die Bevölkerung wünsche mehr Nähe und mehr Agieren. Der Stadtrat müsse immer einen Schritt voraus sein. Zur Frage bezüglich Entwicklungspotenzial mit schneller Umsetzung meinte Ueli Dobler: «Im Grünfeld möglichst schnell wieder Wasser pumpen» und sorgte für Heiterkeit.
Bei weiteren Fragen und Antworten zeigte sich, dass die Kandidaten mehrheitlich mit Erreichtem argumentierten. Dies vielleicht auch ein Zeichen, dass die beiden «Teilzeitler» Zschokke und Dobler bisher nicht wirklich aktiv auf die Entwicklung von Vorlagen einwirken konnten. Bei Fragen aus dem Publikum ging es um das Projekt Lido, welches unter anderem Joe Kunz ins Rollen gebracht hat, die Anbindung der OST an die Altstadt und um die Kommunikation, bei welcher Tanja Zschokke anmerkte, dass man zum Teil ratlos sei.
Zwei gegen Stöck
Nach dem Anpfiff zur zweiten Runde stellten sich die drei Kandidaten fürs Stadtpräsidium selbst vor. Boris Meier (GLP), bisheriger Teilzeitstadtrat, Barbara Dillier (parteilos), derzeit Gemeindepräsidentin in Fischenthal und der amtierende Stapi Martin Stöckling (FDP). Und da ging es dann eher zur Sache. Bei der Frage, ob er sich ein Türchen offenlasse, in einem möglichen zweiten Wahlgang für den Stadtrat anzutreten, wollte sich Boris Meier nicht auf die Äste hinauslassen und blieb eine klare Antwort schuldig: «So weit denke ich gar nicht.». Stöck sieht sich heute als besserer Stapi – er habe gelernt. Und die Stadt sei eine andere als vor acht Jahren. Für Barbara Dillier ging’s um Wissen über die Stadt. Bei der Anzahl Arbeitsplätze verschätzte sie sich mit 20 000 etwas, es sind rund 15 000.
Heisser Stuhl
Vier Fragen wurden an Stapi Stöckling gestellt, und Meier/Dillier konnten jeweils ihre Ansichten einbringen. Bezüglich Verkehr möchte Stöckling mit flankierenden Massnahmen entlasten und Schmerikon ans Busnetz ins Buech anschliessen. Dillier regt gar eine interkantonale Konferenz an, um den Schwerverkehr umzuleiten und Meier will das Konzept Rad- und Fusswege endlich umsetzen. Bezüglich zunehmender Bürokratie verwies Stöckling auf den immer grösseren Einfluss des Kantons. Für Dillier heisst es «innovative Ideen finden» und Boris Meier ärgert sich, dass sehr viel Bürokratie ans Gewerbe delegiert werde.
Dann wurde umgekehrt: «Boris Meier, was hätten sie in den letzten Jahren als Stapi besser gemacht?» Für ihn eine schwierige Frage, gebe es im Stadtrat doch das Kollegialitätsprinzip, so sei er in einer Zwickmühle. Es gebe aber Konzepte – hier wieder das Rad- und Fussweg-Konzept, welche in der Schublade liegen würden. Dillier betrachtet es von aussen und bemängelt die Kommunikation und die Ehrlichkeit – es werde erst kommuniziert, wenn es ans Licht komme. Hoppla! Stöckling fühlt sich auf den China-Deal angesprochen und betont, immer kommuniziert zu haben, als klar war, dass etwas kommt. Aus dem Publikum wurde dann Barbara Dillier ziemlich hart bezüglich politischer Verortung gefordert. Sie betreibe Sachpolitik mit der Suche nach Lösungen und keine Parteipolitik, so ihre Entgegnung.
Als Fazit zeigt sich, dass es sich bei den Stadtratssitzen um eine eher laue Angelegenheit handelt, obwohl einer sicher wegfällt. Hier wird sich zeigen, wer am Schluss mehr Wähler überzeugen kann. Beim Kampf ums Stadtpräsidium konnte sich am Podium keine klare Stimmung durchsetzen. Vielleicht sind einfach alle noch ein wenig «zu lieb» miteinander.
Sven Gasser