Über 27 Millionen Franken für den Erhalt des Textilmaschinenmuseums

Idyllisch liegt die ehemalige Spinnerei Neuthal zwischen Bäretswil und Bauma unter dem Viadukt der Dampfbahn. Foto: zVg/Verein Neuthal Industrie Kultur (NIL)

Im Bäretswil entwickelt sich ein Museum zur Technik-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte

Die ehemalige Spinnerei Neuthal, gelegen zwischen Bäretswil und Bauma, ist ein bemerkenswertes Zeugnis der industriellen Entwicklung des Zürcher Oberlandes. Der Regierungsrat des Kantons Zürich plant, mit einem Kredit von 27,1 Millionen Franken die bestehende Infrastruktur zu erhalten und das in den Gebäuden befindliche Museum Neuthal Textil- und Industriekultur zu fördern.

Die Sammlung an betriebsfähigen Textilmaschinen zählt weltweit zu den grössten. Mit dem Ziel, den Standort Neuthal in ein Museum für Technik-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte zu verwandeln, werden die Fabrikgebäude restauriert und die Infrastruktur um- und ausgebaut, so eine Mitteilung des kantonalen Regierungsrates. Dafür wurde ein Rahmenkredit von 27,1 Millionen Franken bewilligt.

Nationale Bedeutung
Die ehemalige Spinnerei Neuthal wurde im Zeitraum von 1827 bis 1890 erbaut. Sie beinhaltet das Spinnereigebäude, Lager- und Wirtschafts­gebäude, Wasserkraftanlagen, Kosthäuser, eine Fabrikantenvilla und Parkanlagen. Dieses erhaltene Industrieensemble stellt ein Ortsbild von nationaler Bedeutung dar. Das sechsgeschossige Spinnereigebäude beherbergt seit 1994 eine Museumsspinnerei, seit 2010 eine Webmaschinensammlung und erweiterte sich 2014 mit einer Handmaschinenstickerei. Es stellt eine der weltweit grössten Sammlungen betriebsfähiger Textilmaschinen dar. Jährlich zieht das Industrieensemble Neuthal bis zu 5000 Besucher an. Der Kanton Zürich ist hauptsächlich Eigentümer des Fabrikensembles, das einen hohen denkmalpflegerischen Wert hat. Er stellt die Gebäude dem «Verein zur Erhaltung alter Handwerks- und Industrieanlagen im Zürcher Oberland» (VEHI) zur Verfügung. «Wir freuen uns sehr, dass der Regierungsrat unsere jahrelange Arbeit wertschätzt», kommentiert der Präsident des VEHI Hans-Peter Hulliger den Regierungsratsentschluss. «Der VEHI entstand aus der Sorge um den scheinbar unabwendbaren Verlust der alten Wasserrad-Sagi in der Stockrüti in Bäretswil im Jahr 1979. Der VEHI zielt darauf ab, ausgewählte, alte gewerbliche und industrielle Geräte, Betriebsanlagen und Gebäude, samt ihren Traditionen, als wichtige Zeugen der Kultur des Zürcher Oberlandes und angrenzender Gebiete zu erhalten», fügt Hulliger hinzu.

Mit Eigeninitiative, Koordination und Information beabsichtigt der VEHI, ein Stück der Kulturgeschichte des Zürcher Oberlandes lebendig zu halten und als «natürlich gewachsenes Freilichtmuseum» zu erhalten. Hierzu gehört auch der Industriepfad Zürcher Oberland. Mit dieser Vision wuchs der VEHI seit seiner Gründung, mit der Einbeziehung der heute im Museum Neuthal zusammengefassten vier Bereiche der Textil- und Industriekultur: Wasserkraft (seit 1980), Spinnen (1994), Weben (2008), Sticken (2014), sowie die Winden­macherei Brüngger Wyla (2006), die Drechslerei Kleintal (2012) und seit dem vergangenen Jahr dem Dampfbahnverein Zürcher Oberland. Unter der Schirmherrschaft des VEHI werden die Maschinen im Museum seit 2019 vom Verein «Neuthal Textil- und Industriekultur» (NIK) mit grossem freiwilligem Engagement betrieben.

Infrastruktur um- und ausbauen
Mit dem Ziel, den Standort Neuthal in ein bedeutendes historisches Museum für Technik-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte in der Schweiz zu verwandeln, werden die Fabrikgebäude restauriert und die Infrastruktur um- und ausgebaut. Unter anderem wird die 1960 stillgelegte historische Francis-Turbine wieder in Betrieb genommen, um Demonstrationszwecke zu erfüllen. Neben Hochwasserschutzmassnahmen soll das Gelände ausserdem ein Besucherzentrum und Räumlichkeiten für Bildungsangebote sowie neue Besucher- und Betriebspark­plätze erhalten.

Deutlich meht Besucher erhofft
Durch den Ausbau wird zunächst eine Verdoppelung der Besucherzahlen auf etwa 10 000 Personen pro Jahr erwartet. Auf lange Sicht hat das Museum Neuthal das Potenzial, sich zu einem Zentrum für die «Geschichte der Textilindustrie» in der Schweiz und zu einer Station der «Europäischen Route der Industriekultur» zu entwickeln. In Koordination mit dem Volksschulamt sowie dem Mittelschul- und ­Berufsbildungsamt wird zudem ein umfangreiches und interaktives Bildungsangebot geschaffen. Das Bauprojekt wird in vier Etappen umgesetzt. Die ersten Baumassnahmen finden noch in diesem Jahr statt. Der Abschluss der Arbeiten ist für Ende 2026 geplant, sodass die neu gestaltete Ausstellung rechtzeitig zum 200-Jahr-Jubiläum der Baumwollspinnerei im Jahr 2027 eingeweiht werden kann. Für diese Massnahmen hat der Regierungsrat einen Rahmenkredit von 27,1 Millionen Franken bewilligt. Das Museum bleibt auch während der Bauarbeiten zugänglich und ist bis zum Saisonende am 29. Oktober jeden Sonntag von 10 bis 16 Uhr für Besucher geöffnet.

Thomas Hulliger

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