Zahlreiche Vorschriften verhindern die Schaffung von Busbuchten als Haltestellen

Die Bushaltestelle in St. Gallenkappel: Viel Strassenraum, aber kein Platz für Busbuchten … (Foto: Sven Gasser)

Gemäss Kantonsratsbeschluss vom September 2018 über das 17. Strassenbauprogramm für 2019 bis 2023 sollten neue Bushaltestellen, wenn möglich als Busbuchten realisiert werden. Doch die Umsetzung findet kaum statt.

Neuhaus, Bushaltestelle «Ochsen», von St.Gallenkappel her kommend. Der Linienbus hält auf der Fahrbahnhaltestelle – niemand steigt zu, niemand steigt aus – der Bus wartet einfach. Hinter ihm staut sich der motorisierte Individualverkehr bis auf die Ochsenkreuzung. Der Bus kann fast nicht anders, er muss den Fahrplan einhalten und ist mangels Passagieren zu früh – also muss er warten. Auf Rückfrage der «Obersee Nachrichten» bestätigt ein Busbetreiber, dass es zu solchen Situationen kommen kann. Für die Busbetreiber sind Fahrbahnhaltestellen ein Vorteil, weil nach einem Halt vor dem Bus freie Bahn herrscht – der übrige Verkehr muss hinten anstehen. Umgekehrt sind Busbuchten vorteilhaft bei längeren Halten oder um einen Verzögerungshalt durchzuführen.

Kantonsrat will Busbuchten
Mehr Busbuchten wären eine Lösung. Zum Teil sind solche schon vorhanden und der Kantonsrat hatte 2018 beschlossen, dass solche, wenn immer möglich, realisiert werden sollen. Nur sieht die Realität ganz anders aus. Mittlerweile sind die gesetzlichen Vorschriften so umfangreich, dass sich eine Busbucht eigentlich immer mit irgendeinem Argument verhindern lässt. Und das setzt der Kanton auch so um. Beispiel, die sanierte Strasse durch St. Gallenkappel. Obwohl Platz für eine Busbucht vorhanden wäre, wird diese durch den Kanton verhindert: «Ein Verschieben der Busbucht war aus Sicherheitsgründen aufgrund von fehlenden Sichtweiten und vielen Zufahrten nicht möglich … zusätzlich erschwerten topografische Gegebenheiten die Erstellung von Busbuchten, weshalb Fahrbahnhaltestellen realisiert werden», wie das Bau- und Umweltdepartement St. Gallen schreibt. Weitere Argumente gegen Busbuchten sind Nichtvereinbarkeit gegenüber dem Behindertengleichstellungsgesetz und Eingriffe in die Eigentumsrechte Privater (Landerwerb).

Eschenbach ist am Bauen
Auf Anfrage beim Gemeindepräsidenten von Eschenbach, Cornel Aerne, ob die Situation in Absprache mit dem Kanton stattgefunden habe, erläutert dieser: «Ja, sowohl bei der Rickenstrasse in St. Gallenkappel als auch bei der laufenden Dorfkerngestaltung liegt die Zuständigkeit beim Kanton.» Bei den Gemeinden werden bei kantonalen Planungsverfahren eine Anhörung und ein Mitwirkungsrecht zugesprochen. Er unterstütze den Kantonsratsentscheid im Grundsatz, dass Bushaltestellen, wenn immer möglich, nicht auf der Fahrbahn gebaut werden sollen. Es dürfe dabei jedoch auch der notwendige Platzbedarf nicht unterschätzt werden. Aerne verweist auf die aktuell laufenden Bauarbeiten im Bereich der Breite, beim Schulhaus. Dort sei eine normgerecht gestaltete Situation mit einem ­augenfällig grossen Landanteil.

Auf Anfrage der «Obersee Nachrichten» sagt Patrick Ruggli, Leiter Amt für öffentlicher Verkehr: «Das Amt für öffentlicher Verkehr wird beim Neu- und Umbau einer Bushaltestelle jedes Mal in diesen Prozess einbezogen. Dabei wünschen wir uns nur an ganz wenigen Stellen auf dem Strassennetz explizit Fahrbahnhaltestellen. Dort nämlich, wo es zweckmässig wäre, dass der Bus bevorzugt werden kann, damit er keine oder weniger Verspätungen erleidet. Solche Stellen befinden sich vor allem in den Städten oder stark befahrenen Ortsdurchfahrten.». Der Strasseneigentümer (Tiefbauamt des Kantons St. Gallen) entscheidet nach einem langen Prozess unter Berücksichtigung vieler Aspekte, welche Anordnung der Haltestelle die geeignetste am jeweiligen Ort ist.

Die Krux der Vorschriften
Aktuell wird an der Herbstsession die Problematik Busbuchten im 18. Strassenbauprogramm wieder behandelt. Auch ennet dem Ricken sind Busbuchten ein Thema. Unter anderem wehrt sich die Bevölkerung in Bütschwil gegen die Aufhebung von Busbuchten. Dem hingegen beruft sich der Kanton St. Gallen auf die Vorgaben des Gleichstellungsgesetzes, welches z. B. Busbuchten mit einer Länge von 70 Metern und eine Kantenhöhe von 22 cm im ­Innerortsbereich verlangen. Zusammen mit den weiteren Vorschriften sind Busbuchten so meist unmöglich.

Sven Gasser

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