Seegräben fällt 203-jährige Lärche

Wer hat Lust zum Jahrringe zählen? Diese Lärche stand 203 Jahre im Hüenerholz in Seegräben. Jetzt musste sie auch aus Sicherheitsgründen gefällt werden. (Foto: Stefan Burch)

Die Gefahr für die Bevölkerung war zu gross: Eine 203-jährige Lärche im Hüenerholz in Seegräben musste gefällt werden. Sie glich dem Schiefen Turm von Pisa. Revierförster Stefan Burch sagt: «Von ihrer Grösse her war die Lärche ein Naturdenkmal.»

Über das Jahr 1821 werden Sie im Geschichtsunterricht wohl nichts erfahren haben. Was war damals los rund um den Erdball? In Griechenland fand eine blutige Revolution statt, in Amerika gab’s grosse Grenzverschiebungen. Die spanische Kolonie Florida ging in USA-Besitz über, die Vereinigten Staaten verzichteten im Gegenzug auf alle Ansprüche auf das zum Vizekönigreich Neuspanien gehörende Texas. Und, im Hüenerholz zu Seegräben trieb eine Lärche aus. Das war damals (natürlich) noch keinen Eintrag in die Geschichtsbücher wert. Heute, 203 Jahre später, sieht das ganz anders aus. Die Lärche, die 1821 das Licht der Welt erblickte, hat in ihrem langen Leben eine Höhe von 41 Metern erreicht – das entspricht einem 14-stöckigen Hochhaus. Auf einer Höhe von 130 Zentimetern weist sie einen Durchmesser von 100 Zentimetern aus.

Der Schiefe Turm von Seegräben
Die 41 Meter hohe Lärche hatte aber auch einen Makel. Sie hing zirca acht Meter aus dem Lot und hatte laut Revierförster Stefan Burch «einen Schiefstand wie der Schiefe Turm von Pisa.» Und stellte auch deswegen ein Sicherheitsrisiko für die Bevölkerung dar, weil der Bodenholzweg bei der antiken Lärche vorbeiführt und bei einem Umsturz Personen zu Schaden kommen könnten.

Burch: «Gerne lasse ich solche Bäume auch einfach stehen. In diesem Fall gab es aber mehrere Gründe, weshalb wir sie gefällt haben.» Es war auch das Ziel von Burchs Vorgängern (sieben Förster-Generationen), einen wertvollen Stamm zu produzieren. Deshalb wurden einst die Äste der Lärche bis auf eine Höhe von 20 Metern entfernt. Burch: «Mit solchen Stämmen ist es so wie mit den Äpfeln am Baum. Du musst sie pflücken, wenn sie reif sind.»

Wie lange brauchte der Revierförster, um den 203-jährigen Baum zu fällen? Burch sagt zu den «Obersee Nachrichten»: «Die Lärche fällten wir am Ende eines weiterführenden Holzerkurses. Weil es bei diesem Baum auch um die Ausbildung ging, liessen wir uns bei der Fällung Zeit. Man gedenke auch, dass die Lärche 203 Jahre wuchs, da liegt eine Stunde Fällarbeit längst drin.» Burch hatte vier Teilnehmer im Kurs. Zwei sperrten die Bodenholzstrasse ab, damit keine Dritten zu Schaden kommen konnten. Zwei waren mit ihm mit der Fällung beschäftigt.

Förster fällte 400-jährige Bäume
War diese Lärche der älteste Baum, den der Revierförster bisher gefällt hat? Oder hatte einer schon mehr Jahrringe? Burch sagt: «Das kann ich nicht genau sagen, wie alt der älteste Baum war, den ich gefällt habe. Der Grund ist, dass ich nicht jeden dickeren Baum, den ich fälle, auch zähle. Hier im Oberland sind ältere Bäume am Bachtel schon mal 250 Jahre alt. Als ich als Forstwart im Wallis gearbeitet habe, fällte ich 400-jährige Fichten und Lärchen. Das sind wohl die ältesten Bäume gewesen, die ich gefällt habe.»

Die Lärche im Hüenerholz sei nicht nur wegen ihres Alters, sondern vor allem wegen ihrer Dimensionen einen Eintrag in die Geschichtsbücher wert. Burch: «Ich habe in meiner knapp 20-jährigen Tätigkeit als Förster im Zürcher Oberland noch nie eine solch dicke Lärche angezeichnet. Und jährlich zeichne ich zwischen 8000 und 12 000 Bäumen an. So gesehen ist einer von 200 000 Bäumen so dick wie die Lärche vom Hüenerholz. Von ihrer Grösse her war sie ein Naturdenkmal. Und», ergänzt Burch noch, «wir Forstleute sind stolz darauf, über Generationen solch wertvolles Holz produzieren zu dürfen. Die eine Generation pflanzt, x Generationen pflegen und eine Generation darf 100 bis 200 Jahre danach ernten.»

P.S. Hinter der Lärche wuchs in den letzten Jahren eine dicke Föhre heran. Burch: «Diese hat man von der Strasse aus wegen der Lärche nicht beachtet. Sie ist jedoch auch ein wunderbarer Baum und kommt nun zur Geltung.»

Max Kern.

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