74 Campingplätze müssen im Atzmännig aufgrund kantonaler Vorschriften weichen

Geschäftsführer Roger Meier vor den Campingplätzen, die gemäss Verordnung aufgehoben werden. (Foto: Sven Gasser)

Medial im Fokus sind die 74 Plätze im Atzmännig, die verschwinden müssen – aufgrund von Vorschriften im Hochwasserschutz. Für die Betroffenen eine Tragödie. Wie sieht die Geschichte dahinter aus? Ein Besuch vor Ort.

Das Wetter ist trüb beim Empfang. Roger Meier, Geschäftsführer der Sportbahnen Atzmännig AG, erwartet kaum Besucher an diesem Montag, nach einem eigentlich guten Wochenende mit sonnigem Wetter, aber leider ohne grossen Skibetrieb – die Verhältnisse liessen eine Pistenpräparierung nicht zu. Die Schlagzeilen der vergangenen Tage drehten sich viel mehr um die Campingplätze, die seit Jahren in einer «roten Zone» liegen und nun bis Ende Mai 2025 definitiv wegmüssen.

Campingplatz seit 1971
Roger Meier ist seit 2013 Geschäftsführer, der Campingplatz seit 1971 dort – mit langjährigen Mietern über Generationen. Es gibt einen unteren und einen oberen Bereich, dieser steht nicht im Fokus. Der untere ist das Thema. Ein roter Bereich auf der Gefahrenkarte des Kantons ist das Übel. 1992 informierte die damals noch eigenständige Gemeinde St. Gallenkappel, zu der das Gebiet Atzmännig gehörte, dass die Gefahrenkarte durch den Kanton neu erfasst und neu berechnet worden sei. Aufgrund dessen wurde ein Frühwarnsystem und ein Evakuierungskonzept für die in der Zone liegenden Plätze erarbeitet und auch akzeptiert. Danach geschah nichts weiter, bis das Thema im 2021 medial neu aufgegriffen wurde.

300-jährliches Hochwasser
Eigentlich mag sich niemand im Goldingertal erinnern, dass der Goldingerbach im besagten Gebiet je für katastrophale Situationen gesorgt hat. Aber der Kanton nimmt sich dem Thema an und macht mit der Gemeinde eine Begehung vor Ort, die Gemeinde ist schliesslich auch die Vollzugsbehörde. Der Auftrag des Kantons ist klar, die Karte mit Stand 2011 soll neu berechnet werden, mit dem Ergebnis, dass die 74 Plätze in einer roten Zone liegen und hoch gefährdet sind. Also eine Zone, die einem 300-jährlichen Hochwasser nicht standhalten würde.

Um diesen Teil des Campings im Atzmännig zu erhalten, müsste man aus der roten Zone kommen. Wie liesse sich das lösen? Roger Meier erörtert die Möglichkeiten. Eine Bachsanierung mit einem vervierfachten Durchlassvolumen des Baches beim grossen Parkplatz. Ob das reichen würde, ist jedoch noch unklar und würde circa 2,5 Mio. Franken kosten. Eine andere Variante wäre, den Camping zu räumen, um etwa 4,5 Meter aufzuschütten, inklusive der nötigen Stützbauten und dann wieder neu anzulegen – mit zirka 40 Plätzen. Als Geschäftsführer einer eigenständigen Unternehmung kommt das für Roger Meier nicht infrage. Der Aufwand und die Erträge über die Jahre würden keinen Sinn ergeben. Zudem kommen 2027 neue Vorschriften bezüglich Gewässerabständen hinzu. Das aufgegebene Campingareal liesse sich gemäss Zonenordung für andere Aktivitäten weiter nutzen.

Rekurse laufen
Etwa 40 bis 45 Mieter haben bei der Gemeinde respektive dem Kanton Rekurs gegen die Aufhebung der Plätze eingereicht. Gemäss Roger Meier haben sich auch die Sportbahnen Atzmännig AG am Rekurs beteiligt. «Die Vorauszahlung von 1800 Franken haben wir geleistet.» Ziel ist es, die Verhältnismässigkeit der Schliessung zu hinterfragen und ob die bereits getroffenen und auch ausbaubaren Massnahmen mit Alarmierung und Evakuation nicht zielführend sein könnten. Es gibt Mieter, die würden schriftlich auf Schadenersatz und Rekursmöglichkeit bei einem Unwetter verzichten, nur ist das rechtlich kaum zu bewerkstelligen.

Die momentan gültige Frist zur Räumung ist der Mai 2025. 74 mehr oder weniger mobile Wohnwagen inklusive Anbauten müssen bis dahin weg.

Ein Mieter hat gemäss Roger Meier schon gesagt: Nach über 30 Jahren ist für mich die Geschichte zu Ende. Ich kündige auf Ende Mai 2024 und werde bis dann weg sein, inklusive Entsorgung. Gemäss vertraglichen Bestimmungen sind die Mieter verpflichtet, ihre Plätze im Ursprungszustand abzugeben. Roger Meier betont jedoch, dass man Container aufstellen wird, um Entsorgungsmaterial korrekt zu sammeln, auf Kosten der Atzmännig AG.

In der näheren Region gibt es bezüglich Camping noch andere betroffene Standorte. Einer in Ricken, der marginal betroffen ist und einer im toggenburgerischen Krummenau, dem eine Komplettaufhebung droht – alle sind seit 1971 bewilligt und bis anhin ohne Probleme geblieben.

Sven Gasser

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