Blatten? Goldau 1806 war viel verheerender

Die haushohen Felsblöcke im Jahre 1909. (Foto: ETH Archiv)

Naturkatastrophen gab’s in der Schweiz schon vor der sogenannten Klima-Erwärmung: Der Bergsturz von Goldau 1806 war viel verheerender als die neueste Umwelt-Katastrophe von Blatten VS.

Umwelt-Minister Albert Rösti sagte vergangene Woche auf Privat-TV-Stationen: «Das Ereignis in Blatten ist absolut ausserordentlich, das hat man in der Schweiz noch nie gesehen, seit man Unwetterereignisse misst. Ein Schuttkegel, der ein ganzes Dorf beerdigt, das hat man noch nie gesehen.» Nicht ganz korrekt, Herr Bundesrat. Am 2. September 1806 erschütterte eine Unwetter-Katastrophe das Schwyzer Dorf Goldau. 200 Jahr vor der sogenannten Klimaerwärmung gab’s schon damals aussergewöhnliche Klima-Ereignisse. In der Chronik der Muotathaler Wetterpropheten ist über das Jahr 1806 zu lesen: «Den ganzen Winter gefriert kein Brunnen. Mündlich wird überliefert, dass der Winter sehr mild gewesen sei und schon im März auf die tieferen Alpen gefahren werden konnte. Der trockene, heisse Mai habe Spalten in den Boden gerissen und der überaus nasse Sommer hat diese Spalten nicht nur mit Wasser gefüllt, sondern weiter ausgedehnt, was im Rossberg zur grossen Katastrophe geführt hat. Nach mehrtägigen, schweren Regengüssen erfolgte am 2. September der Bergsturz in Goldau. Er bedeckte besonders Goldau und das Dorf Röthen.»

457 Tote
Die Schreckens-Bilanz von Goldau ist heute noch auf der Homepage der Gemeinde Arth (zu der Goldau gehört) nachzulesen: 457 tödlich Verunglückte. 323 Stück getötetes Vieh. 111 verschüttete Wohnhäuser, 220 zerstörte Scheunen und Ställe, vier verschüttete Kirchen und Kapellen. Die massiven Felsbrocken sind heute noch Teil des Tierparks Goldau.

40 Millionen Kubikmeter Fels donnerte zu Tal, in Blatten waren es geschätzte 3,5 Millionen m3 – oder neun Tonnen Schutt.

Dank vorzeitiger Evakuierung verlor im Lötschental am 28. Mai dieses Jahres zum Glück niemand sein Leben – ausser wohl ein 64-jähriger Schafhirt, der bis Redaktionsschluss immer noch vermisst wird. 300 (!) Mal mehr Gestein als in Goldau donnerte vor bald 10 000 Jahren im bündnerischen Flims zu Tal. Geschätzte 12 Kubikkilometer. 7469 vor Christi Geburt bildete sich der Ilanzersee mit einem geschätzten Volumen von über 3 Kubikkilometern. Der See soll 1000 bis 2000 Jahre existiert haben.

Max Kern

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