Gestatten: Dario Lillo, Weltmeister

Ein Baumstamm mitten auf der Strecke ist für Mountainbike-Profi Dario Lillo kein Hindernis. (Foto: Armin M. Küstenbrück)

Berufsmatura bestanden, Spitzensportler-RS absolviert, EM-Silber Anfang Juli, Gold und Bronze zuletzt an der WM in Schottland: Mountainbike-Juwel Dario Lillo (21) drückt in diesem Jahr so richtig in die Pedalen. Und für die tägliche Massage muss er nicht mal sein Elternhaus verlassen.

Lütschbach, ein kleiner Weiler in der St. Galler Gemeinde Eschenbach. Ein Ort, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Vor allem aber ein Flecken Erde, der für Mountainbiker, Radquer- und Strassenfahrer ideal ist, um wettkampfmässig zu trainieren. Gleich vor der Haustüre beginnen für den frischgebackenen Mountainbike-Weltmeister Dario Lillo (21) die verschiedenen Trainingsstrecken. «Ich finde hier alle Möglichkeiten», sagt Lillo, «es hat hügeliges Gelände, in der Linthebene kann ich in der Fläche trainieren. Ich fahre gerne über den Ricken, oder auf der anderen Zürichsee-Seite, auch bin ich viel Richtung Winterthur unterwegs. Auf dem Bachtel und dem Buechberg hat es lässige Trails.» Drei bis vier Stunden täglich sitzt Lillo auf dem Rennradsattel, macht dabei zwischen 100 und 120 km. Mit dem Bike sind es ebenfalls drei bis Stunden pro Einheit, auf den oft morastigen Hügeln kommt er täglich auf 50 bis 60 km. Einmal pro Woche stemmt er im Kraftraum Gewichte und arbeitet an seiner Rumpfstabilität. Bei 1,85 m Körpergrösse bringt er 75 kg auf die Waage.

Konzentriert auf den Sport
Seit diesem Jahr setzt Lillo voll auf die Karte Profisport. Der gelernte Konstrukteur EFZ: «Im Januar hatte ich die Berufsmatura nachgeholt. Mitte März beendete ich in Magglingen die Spitzensportler-RS. Seit diesem Zeitpunkt konzentriere ich mich voll auf den Sport.» Mit Erfolg.

Im Juli holte sich Lillo an der EM der Mountainbiker in der Kategorie U23 die Silbermedaille. Den grossen Coup landeten Lillo & Co. Anfang August an der WM im schottischen Glentress Forest. Im Mixed-Team Relay verteidigten die Schweizer, angeführt von Mountainbike-Ikone Nino Schurter, die Goldmedaille vom Vorjahr. Lillo ging als Startfahrer ins Rennen, übergab als Dritter an Junior Nicolas Halter. Lillo: «Die beiden, die vor mir lagen, waren auch im Einzelrennen vor mir.» Juniorin Anina Hutter ging als Zweitletzte mit einem Rückstand von einer halben Minute ins Rennen. Als sie an Nino Schurter übergab, hatte sie 15 Sekunden Vorsprung herausgefahren. Schurters Lob an Lillo und & Co.: «Meine Teamkollegen haben tolle Vorarbeit geleistet, ich musste es nur noch heimbringen.»

Übrigens: Lillos Heimatgemeinde Eschenbach war eine Radquer-Hochburg: 1995 stieg dort die Weltmeisterschaft. Der Schweizer Dieter Runkel gewann, die alternde Legende Beat Breu landete auf Platz 29. Sieben Jahre später kam Lillo zur Welt. Doch Radsport war nicht von Anfang an sein Ding. «Fussball, Tennis, Karate, Laufsport, ich machte vieles.» Velorennen interessierten ihn nur am Bildschirm. «Ich wollte als Kind immer die Tour de Suisse und die Tour de Romandie schauen. Meine Mutter sagte, ich müsse zuerst selbst Rad fahren. Als ich 10-jährig war, meldeten mich meine Eltern beim Veloclub Eschenbach an, bald fuhr ich mein erstes Rennen.» Mit geringem Erfolg. Lillo: «Ich wurde Zweitletzter.»

Nino Schurter als Vorbild
Der heute 37-jährige Teamleader Nino Schurter, unter anderem Olympiasieger von 2016 und 10-facher Weltmeister, war von Anfang an Lillos Vorbild. «Seit ich klein bin, ist Nino mein Idol.» Als Schurter 2009 seinen ersten WM-Titel einfährt, ist Lillo gerade mal sieben Jahre alt. Jetzt holten sie zusammen in Schottland mit dem Team Gold. Lillo, der neue Schurter?

«Das ist sicher meine erfolgreichste Saison», sagt Lillo. Dennoch: In der Weltcup-Wertung der U23 liegt er auf Platz 2. In Les Gets (F), Snowshoe (USA) und Mont Sainte Anne (Kan) hat Lillo dieses Jahr noch die Möglichkeit, auf Platz 1 vorzustossen. «Nächstes Jahr will ich den Weltcup und auch den WM-Titel in Andorra gewinnen.»

Das Massagestudio hat Lillo daheim in Lütschbach unter dem Hausdach. Mutter Corinne Lillo führt ein Studio. Dario: «Die Regeneration ist sehr wichtig. Ich bin sehr froh, dass mir Mami dabei hilft.»

Nur einen moralischen Dämpfer gab es für Lillo dieses Jahr: Der tödliche Unfall von Radprofi Gino Mäder an der Tour de Suisse. «Wir sind zuvor an der Tour de Romandie noch zusammen gefahren. Da tauscht man sich während des Rennens schon mal aus. Wenn so ein Unfall passiert, nimmt das einen natürlich mit. Aber wir müssen uns bewusst sein: Egal, ob auf dem Bike oder dem Strassenvelo – die Gefahr fährt immer mit.»

Max Kern

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