Windkraft im Gegenwind

Herbststimmung über der – windstillen – Linthebene, aufgenommen vom Benkner Büchel aus. (Foto: Sven Gasser)

Die Gemeinde Schänis ist im kantonalen Richtplan als möglicher Ort für sechs Windräder aufgeführt. Widerstand ist programmiert, aber nicht nur in der Linthebene.

Der Kanton St. Gallen plant an 17 Standorten total 92 industrielle Windkraftanlagen. Davon sollen sechs in der Linthebene, entlang des Linthkanals auf Schänner Gemeindegebiet realisiert werden. Der Verein Schänner Landschaftsschutz wehrt sich vehement gegen das Projekt. Der Bundesrat verlangt von den Kantonen, für erneuerbare Energien, Planungen in Angriff zu nehmen, um die Klimaziele zu erreichen. Dazu gehören explizit auch Windanlagen, die ihren Anteil liefern sollen. Nur hat nicht jeder Kanton die gleichen Voraussetzungen und geeignete Gebiete für Windanlagen.

Gebiet ungeeignet
Gemäss Hans Oberholzer, Präsident des Vereins Schänner Landschaftsschutz, würden die Windräder entlang der Linth gerade mal ein Drittel des heute produzierten Stroms der KVA Niederurnen liefern. Unter Berücksichtigung der Zufälligkeit des Windaufkommens fiele davon ein guter Teil zur Unzeit an und würde verpuffen. Die Bergflanken der Federi, des Hirzlis und der 200 Meter hohe Querriegel des Benkner Büchels behindern einen konstanten Wind für Windkraftanlagen. Im Winter erzeugen diese Erhebungen einen Kaltluftsee mit wenig Luftbewegung. Auch der Baugrund sei ungeeignet, so Oberholzer. In diesem Gebiet befinden sich riesige Grundwasservorkommen in einer fragilen Bodenschicht, welche nur dank umfangreicher Entwässerungsanlagen überhaupt nutzbar sei. Fester Untergrund findet sich vielfach erst nach 30 bis 60 Metern Tiefe. Das 1996 bei Schänis abgestürzte Tiger-Kampfflugzeug lässt grüssen – man vermutet, dass sich dieses bis auf etwa 35 Meter in den labilen Boden gebohrt hat. Keine optimalen Voraussetzungen für Fundamente mit einem Gewicht von etwa 3500 Tonnen Beton und Windanlagen mit etwa 3000 Tonnen Eigengewicht und Widerstand zum Wind. Auch bezüglich Natur würden die Windkraftanlagen in der Linthebene gravierende negative Folgen haben. Das Gebiet ist ein wichtiger Korridor und Rastplatz auf der jahrhundertealten Nord-Süd-Route der Zugvögel. Auch für Fledermäuse und heimische Grossvögel wie Milane, Mäusebussarde, Reiher, etc. wären die Windräder eine tödliche Gefahr. Ein Rotorflügel erreicht an den Spitzen eine Geschwindigkeit von bis zu 300 km/h.

Gemeindeautonomie umgangen
Es ist verbrieftes Recht der Gemeinden, eigenständig über Bauten auf Gemeindegebiet zu entscheiden. Im 2016 hatte der Kantonsrat der Kantonsregierung das Recht gegeben, über einen Richtplan zu entscheiden. Was als Vertrauensbeweis gedacht war, entpuppt sich nun als Konflikt mit der verfassungsmässig verbrieften Gemeindeautonomie. Denn bei den Sondernutzungsplänen für Windkraftanlagen haben die betroffenen Gemeinden kein Mitspracherecht. Der Kanton kann über die Köpfe der Bevölkerung hinweg entscheiden. Der lokale und unabhängige Verein Schänner Landschaftsschutz sieht sich nicht als Gegner für erneuerbare Energie. Die Energiefrage sei dazu viel zu bedeutsam, um einfach nichts zu tun, so Hans Oberholzer. Aber ein schonungsvoller Umgang mit der Landschaft soll über ineffizienten und flatterhaften Windkraftanlagen stehen. Zuerst sollen ungenutzte Potenziale von Solarkraft auf überbauten Flächen und bis anhin zu wenig genutzte Fernwärme (Winter) ausgeschöpft werden. Ausserdem bieten die neusten Entwicklungen in der Geothermie einen Ansatz, der verfolgt werden soll.

Sven Gasser

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