Die kantonalen Spitäler brauchen eine Gesamtstrategie

Auch das Spital Linth in Uznach ist vom Stellenabbau der St. Galler Spitalverbunde betroffen. (Foto: Sven Gasser)

Die St. Galler Spitäler sind nicht nur im Kanton selbst der Konkurrenz ausgesetzt, sondern auch bei den Nachbarkantonen. Und wie wird überhaupt ­entschieden, wer in welches Spital kommt?

Der Knall war laut, aber nicht mal so überraschend. Gemäss dem Verwaltungsrat der St. Galler Spitalverbunde sollen 440 Stellen in den angeschlossenen Spitälern aus Spargründen gestrichen werden. Diese sollen, wenn immer möglich, ohne Kündigungen und in erster Linie in der Administration erfolgen. Man kann die Massnahme als Folge einer seit Jahren verfehlten Spitalpolitik mit diversen Hauruck-Übungen sehen. Seit Jahren wird saniert, gebaut und wieder geschlossen – eine klare Strategie war nicht ersichtlich. Nun will man mittel- bis langfristig einen Verbesserungsbedarf von jährlich 60 Mio. Franken erreichen. Dies sei ohne Stellenabbau nicht möglich, so Verwaltungsratspräsident Stefan Kuhn an der Pressekonferenz Ende September.

Alexandra Akeret vom vpod-Ostschweiz sieht einen grossen Imageschaden für den Kanton, dass auf dem Buckel des Personals, in Zeiten des Fachkräftemangels, Einsparungen vollzogen werden. Es heisse zwar, dass vor allem Stellen in der Administration gestrichen würden, was jedoch heisst, dass diese Arbeiten einfach auf die Verbleibenden verteilt wird. Weiter moniert der vpod, dass an einem neunköpfigen Verwaltungsrat festgehalten werde, obwohl die St. Galler Spitäler mittlerweile auf die Hälfte zusammengeschrumpft wurden. Hier wäre auch Potenzial zur Kosteneinsparung.

Auch Spital Linth betroffen
Mit etwa 40 Stellen, die es abzubauen gilt, ist auch das Spital Linth in Uznach direkt betroffen. Wurde das Spital Linth mit dem Neubau zu gross gebaut? Nicole Ruhe, Geschäftsführerin des Spitals, äusserte die Bemerkung, dass das Spital wohl «eher etwas zu gross» gebaut wurde. Auf Anfrage der «Obersee Nachrichten», ob das Spital Linth an Überkapazität leide oder zu wenig Patienten habe, antwortet Sabrina Good, Leiterin Kommunikation und Marketing: «Patientenströme sind nicht unmittelbar beeinflussbar und schwer zu antizipieren, da sie von verschiedenen Faktoren abhängig sind. Eine Unter- oder Überversorgung versuchen wir aber, so gut es geht zu vermeiden.» Auf die Frage, ob das Spital Linth zu gross gebaut wurde, heisst es in der Stellungnahme, dass es sich um ein sehr komplexes Projekt handle und zwischen Planung und Umsetzung Jahre vergehen. Zur Zeit der Planung sei die Grösse genau richtig gewesen, jedoch könne sich die Situation im Verlauf immer ändern. Die St. Galler Spitäler seien auf dem Weg ein Unternehmen zu werden. Dabei komme es nicht darauf an, wer den grössten oder schönsten Bau habe, sondern es werde umfassend geprüft, an welchem Standort, was benötigt werde, damit eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung sichergestellt werden könne.

Unklare Nofallsituationen
Rettungsdienste, Ärzte und natürlich die Patienten selbst spielen beim Entscheid einer Spitaleinweisung eine wichtige Rolle, sofern sie aufgrund des Gesundheitszustandes fähig sind, einen solchen Wunsch oder Entscheid anzubringen. Rettungsdienste spielen da eine wichtige Rolle, wenn sie vor Ort im Einsatz sind. Auch da spielen vielerlei Interessen mit. Das Spital Wattwil wurde kurz nach dem vollendeten, millionenteuren Neubau wieder geschlossen und der Kanton wollte die Immobilie loswerden, vergass dabei aber, dass die Gemeinde Wattwil ein Vorkaufsrecht hat, welches dieses wahrgenommen hat. Die Stimmbevölkerung stimmte dem Kauf zu einem Schnäppchenpreis zu. Nun betreibt die Berit-Gruppe die moderne Immobilie als Privatklinik, inkl. einem 24 h-Notfallzentrum mit Akutbetten – dieses im Auftrag des Kantons. Nur wird das Notfallzentrum kaum angefahren. Mittlerweile ist eine einfache Anfrage des SP-Kantonsrats Martin Seiler hängig, wieso das Notfallzentrum in Wattwil umfahren wird. Es gibt hier den Fall eines Unfallopfers auf dem Ricken, der nicht nach Uznach (ca. 13 Minuten Fahrzeit), sondern an der Notfallstation Wattwil vorbei (ca. sieben Minuten), schliesslich ins Spital Wil, mit ca. 23 Minuten Fahrzeit eingeliefert wurde.

«Ein Spitalwunsch wird wenn möglich berücksichtigt.»

Regio 144 ist für die Notfallversorgung im See-Gaster zuständig. Auf Anfrage der «Obersee Nachrichten» erläutert Geschäftsführer Markus Honegger: «Bei der Auswahl des Zielspitals ­halten wir uns prinzipiell an die kantonale Zuständigkeit. Selbstverständlich muss dabei berücksichtigt werden, ob das gewählte Zielspital noch Aufnahme­kapazität hat und die erforderliche Therapie überhaupt anbietet.»

Arzt legt oft Zielspital fest
Und wie sieht es aus, wenn ein Patient einen eigenen Wunsch hat? Markus Honegger: «Äussert ein Patient einen expliziten Spitalwunsch, wird dieser – wenn er nicht übermässig Rettungsmittel bindet – berücksichtigt. Dies ist meist dann der Fall, wenn ein Patient in einem Spital bereits in Behandlung ist, man ihn dort kennt und alle seine Akten vorhanden sind.» Allerdings können bei ausserkantonalen Einlieferungen Mehrkosten entstehen, denen sich die Patienten bewusst sein müssen. Bei ärztlichen Einweisungen ab Praxen werde oft bereits ein Zielspital durch den einweisenden Arzt festgelegt. Diese würden sich in der Regel mit den oben genannten Grundsätzen decken und seien meist auch mit dem Patienten vorbesprochen.

Männedorf als Konkurrenz
Nicht nur kantonsintern findet ein Buhlen um Patienten statt. Wer freie Spitalwahl hat, entscheidet sich gerne für ein Spital in der Nähe, da spielt der Kanton keine Rolle mehr. Bei der Bevölkerung von Rapperswil-Jona und Umgebung ist das Spital Männedorf ein beliebtes Domizil. Nicht weit entfernt, mit der S-Bahn optimal erschlossen und auch mit dem PW direkt ab Seestrasse gut erreichbar. Das Spital Männedorf behandelte 2022 gut 1200 Patienten aus dem Kanton St. Gallen, davon ein Grossteil aus dem Raum Rapperswil-Jona, teilt CEO Stefan Metzker auf Anfrage mit. Als Erfolgsrezept sieht er die Lage und Qualität seines Spitals mit einer soliden Grundversorgung, verbunden mit Fachbereichen, die durch namhafte Spezialisten in höchster Qualität angeboten werden. Mit der Permanence in Rapperswil betreibt das Spital Männedorf eine Zusammenarbeit und bietet so eine 24 h-Notfall-Anlaufstelle. In Zusammenhang mit Spitaleinweisungen ab der Permanence verweist das Spital Männedorf auf etwa 40 Patientenaufnahmen pro Jahr, welche sich für einen stationären Aufenthalt in Männedorf entscheiden würden. Die 24 h-Erreichbarkeit über die Notfallnummer werde sehr geschätzt.

Länger Zuschauen liegt bei den Spitälern im Kanton St. Gallen nicht mehr drin – eine Strategie über alles ist nötig. Das Kantonsspital St. Gallen wird nach dem teuren Ausbau im Wettbewerb mitmischen, zusammen mit dem nahe gelegenen und erneuerten Spital Wil und den neu ausgebauten Spitälern in Grabs und Uznach.

Sven Gasser

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