Arbeitgeberpräsident blickt auf ein anspruchsvolles Jahr zurück

«Jede bewältigte neue Herausforderung stärkt die Wettbewerbsfähigkeit und es gibt viele Firmen in der Region, die schon seit Generationen beweisen, dass sie das können», sagt Philipp von Schulthess. (Foto: Holger Franke)

Unternehmer stehen immer vor dem nächsten Problem – auch am Ende des Jahres 2023. Doch es gibt Umstände, die den Unternehmern das Leben leichter machen könnten, wie Philipp von Schulthess, Präsident des Arbeitgeberverbandes See und Gaster im Gespräch mit den «Obersee Nachrichten» verdeutlicht.

«Obersee Nachrichten»: Herr von Schulthess, mit welchen Emotionen blicken Sie auf das Jahr 2023 aus Arbeitgebersicht zurück?
Philipp von Schulthess: Die geopolitischen Herausforderungen, allen voran der Krieg in der Ukraine, wurden durch das Aufflammen des Israel/Palästina-Konflikts weiter verschärft. Die Unsicherheiten nehmen weiter zu und gesellen sich zu alten, teilweise vergessenen Ungetümen wie zum Beispiel der Inflation. Gleichzeitig bleiben aber auch grosse Baustellen wie Arbeitskräftemangel, Klimawandel, Energiepreise und -sicherheit sowie Migration akut. Dies bedeutet für die Arbeitgeber nicht nur zusätzliche, sondern auch stetig und beschleunigt sich wandelnde Anforderungen. Wir erleben also eine Zeit, in der die Anpassungsfähigkeit und Innovationskraft gefordert sind. Vor diesem Hintergrund sind wir stolz darauf, dass die Unternehmen der Region agil handeln und erfolgreich wirtschaften konnten.

Angesichts der aktuellen komplexen Herausforderungen muss wohl unterschieden werden: In welchen Branchen in der Region See/Gaster drückt der Schuh derzeit besonders?
Verallgemeinernd kann man sagen, dass stark exportorientierte Unternehmen, insbesondere im Industriebreich, deutliche Einbussen hinnehmen mussten. Grund dafür sind die schwächelnden Absatzmärkte bei wichtigen Handelspartnern wie Deutschland oder China. Die Frankenstärke wird zudem vermehrt wieder als Herausforderung wahrgenommen. Aber auch der Binnenmarkt hat sich im Laufe des Jahres verschlechtert. Detail- und Grosshandel sowie das Gastgewerbe mussten in den ersten drei Quartalen Federn lassen. Nichtsdestotrotz sind die Unternehmen optimistisch mit Blick auf das wichtige Weihnachtsgeschäft. Ganz anders sieht es bei den Banken und Versicherungen der Region aus, die von einem hervorragenden Jahr berichten.

Die Gemengelage ist derzeit schwierig: Steigende Zinsen, der Immobilienmarkt, die Energiesituation, Inflation, Klimawandel, globale Unsicherheiten, Fachkräftemangel – um nur einige Sorgen zu nennen. Wie schwierig ist es derzeit Unternehmer zu sein?
Die Gemengelage, die Sie zeichnen, bildet ja nur die externen Faktoren ab. Immerhin sind alle Unternehmen davon gleichsam betroffen und die Spiesse insofern gleich lang. Dazu kommen nun die unzähligen kleinen und grossen betrieblichen Herausforderungen – die Maschine, die stillsteht, der Lieferant der Konkurs geht, die Baubewilligung für die dringend benötigte Lagerhalle und vieles mehr. Unternehmer stehen immer vor dem nächsten Problem, das es zu lösen gilt. Schwierig ist das allemal, aber die Unternehmen des Linthgebiets zeigen immer wieder ihre Resilienz und Erneuerungskraft, um sich diesen Aufgaben zu stellen.

«Dennoch sollten wir unseren Unternehmen Sorge tragen.»

Würden Sie sagen, dass die Situation der Unternehmen die Basis des Wohlstandes bildet? Was wiederum die Frage aufwirft, ob der Wohlstand in Gefahr ist…
Unsere Unternehmen bilden die Basis unseres Wohlstands. Das unterschreibe ich klar. Als Arbeitgeber schaffen sie die Grundlage für die Einkommen, welche den Wohlstand bezahlen. Im guten Fall geht es aber drüber hinaus und Sie stellen sinnstiftende Betätigungen für ihre Mitarbeiter bereit. Sehe ich in Zeiten der Krise den Wohlstand gefährdet? Das ist mir zu dramatisch. Immerhin haben wir in der Schweiz bereits ein sehr hohes Niveau erreicht und sind eines der wohlhabendsten Länder der Welt. Da können wir auch ein gewisses Auf und Ab absorbieren. Dennoch sollten wir unseren Unternehmen Sorge tragen. Nur weil es uns gut geht, heisst das nicht, dass es nicht noch Potenzial gibt. Zum Beispiel bei der Klimafreundlichkeit oder der Kostenoptimierung. Dafür müssen wir aber unseren Unternehmern den Freiraum geben ihre Innovationskraft zu entfalten.

Verstehe ich Sie richtig, dass Sie die Ansicht vertreten, dass den Unternehmen derzeit die Arbeit schwer gemacht wird? Was benötigen die Unternehmer den derzeit aus Ihrer Sicht?
Pauschal lässt sich das nur schwer beantworten, dennoch gibt es einige Leitthemen, die sich hier benennen lassen, allen voran die Regulierung. Der Kanton St. Gallen insbesondere kennt zum Beispiel seit einigen Jahren ein rigoroses Planungs- und Baugesetz, welches neben seinen Errungenschaften auch grosse Hürden für die Immobilienentwicklung aufstellt.  In diesem Rahmen agil auf externe und interne Herausforderungen zu reagieren ist ausgesprochen schwierig. Vom Lärmschutz über den Denkmalschutz zum Brandschutz bis hin zu den Einsprache-Rechten – die Regulierungsdichte ist sehr hoch. Selbst beim Klimawandel müssen wir aufpassen, dass wir vor lauter gutgemeintem Eifer nicht die Entfaltungsmöglichkeiten unserer Firmen abwürgen. Auf kommunaler Ebene kämpfen Unternehmer manchmal mit fehlender Kenntnis der Gemeindevertreter, welche bei Zielkonflikten reflexartig gegen die Interessen der Unternehmen entscheiden. Hier wäre es aus unserer Sicht wünschenswert mehr am gleichen Strick zu ziehen.

Interessant ist, dass trotz allgegenwärtigem Fachkräftemangel die Löhne nicht markant gestiegen sind. Nun aber fordern die Angestellten angesichts steigender Kosten mehr Lohn. Zurecht?
Eine Umfrage der IHK hat ergeben, dass über alle Industrien die Löhne im Jahr 2024 um ziemlich genau die Inflation ansteigen werden. Das ist vernünftig, wird den Angestellten so doch immerhin die Kaufkraft erhalten. Darüberhinausgehende generelle Lohnsteigerungen wären aber falsch, weil sie die Inflation nur noch mehr anfeuern würden. Im Zusammenhang mit dem Fachkräftemangel ist es aber interessant folgendes zu beobachten: Arbeitnehmer fordern attraktivere Jobs und Arbeitgeber versuchen dies zu ermöglichen, um Mitarbeiter für sich zu gewinnen. Indem sie zum Beispiel flexiblere Arbeitszeiten, bessere Weiterbildungsangebote oder sonstige Mehrleistungen anbieten. Damit steigen zwar die Löhne nicht, aber man bekommt «bessere» Arbeit.

Angesichts all dieser Herausforderungen: Was erwarten Sie für das Jahr 2024, insbesondere für die Region See/Gaster?
Die verschiedenen Konjunkturforschungsstellen sind verhalten positiv für das nächste Jahr. Trifft dies ein, so wird das auch den Arbeitgebern in der Region zugutekommen. Insgesamt ist die Exportquote in See/Gaster nicht so hoch und die Binnennachfrage voraussichtlich recht stabil – auch das spricht für die Region als Ganzes. Mehr als diese Prognosen und Daten stimmt mich die Qualität und die erwähnte Resilienz unserer Unternehmen positiv. Jede bewältigte neue Herausforderung stärkt die Wettbewerbsfähigkeit und es gibt viele Firmen in der Region, die schon seit Generationen beweisen, dass sie das können.

Holger Franke

 

Arbeitgeberverband See und Gaster
Der Arbeitgeberverband See und Gaster fördert und wahrt die Interessen seiner Mitglieder in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber. Der Verband  bietet seinen Mitgliedern in ungezwungenem Rahmen die Möglichkeit, sich auszutauschen und aktuelle Themen der Wirtschaftsregion Linthgebiet aufzugreifen. Diese Plattform wird mittels Durchführung von Podiumsdiskussionen, Referaten, Firmenbesichtigungen und Anlässen aller Art geboten. Der Arbeitgeberverband arbeitet eng mit Behörden und gleichgesinnten Organisationen aus dem Linthgebiet zusammen, um aktuelle Themen für seine Mitglieder früh zu erkennen und darauf zu reagieren.

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