Rita Marty: «Hinz und Kunz können definitiv eben nicht Lehrer sein»

Rita Marty und Pascal Staub (re.) überreichten Bildungsdirektor Michael Stähli die Petition. (Foto: LSZ)

Die Präsidentin des Kantonalen Lehrerinnen- und Lehrerverbands Schwyz (LSZ) fordert die Politik zum Handeln auf. Der LSZ vertritt die Interessen der Lehrpersonen und organisierte die Manifestation.

«Obersee Nachrichten»: Frau Marty, wie entstand die Idee zu einer Manifestation in Schwyz?
Rita Marty: Wir haben in der Geschäftsleitung des LSZ festgestellt, dass die Stimmung bei den Lehrpersonen im Kanton immer angespannter wurde. Wir machen unter unseren Mitgliedern regelmässig Umfragen und holen so Stimmungsbilder ab. Nachdem der Erziehungsrat letztes Jahr den Bericht der Arbeitsgruppe zur Attraktivierung des Lehrberufs zurückgewiesen hatte, war das der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Wir fassten also eine Aktion ins Auge.

«Schule ist die Reparaturwerkstätte der Gesellschaft.»

Was fordert die Petition?
Es sind drei Forderungen: Zur Entlastung der Klassenlehrpersonen braucht es zwei Klassenlehrerstunden auf allen Stufen. Zur Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich mit den Nachbarkantonen muss der Lohn angeglichen werden. Zur seriösen Umsetzung des neuen Beurteilungsreglements braucht es mehr personelle (z. B. Klassenassistenzen) und zeitliche Ressourcen.

Vor welchen Herausforderungen stehen Lehrpersonen heute?
Schule ist heute weit mehr als Unterricht und dessen Vor- und Nachbereitung. Die Komplexität des Berufs ist stark gestiegen, die Anforderungen und Ansprüche an Schule und Lehrpersonen ebenfalls. Nebst grosser Heterogenität in den Klassen sind es die vielen zusätzlichen Aufgaben, die die Schule bewältigen soll und die das System an die Belastungsgrenze bringen. Die Schule als Reparaturwerkstätte der Gesellschaft muss ungeheuer viel Unterschiedliches unter den seit Jahrzehnten gleich grossen Ressourcenhut bringen.

Wie sieht die personelle Situation in Ausserschwyz aus?
Die ist unterschiedlich. Allgemein ist die Situation aber sehr angespannt. In gewissen Gemeinden sind viele Stellen offen, von Vollzeit- bis Kleinstpensen. Grosser Mangel herrscht bei heilpädagogisch ausgebildeten Fachpersonen.

Was muss die Politik verbessern?
Über die Anstellungsbedingungen wird der Wert der Arbeit ausgedrückt. Hier gibt es viel Handlungsbedarf. Wir brauchen mehr Zeit, aber auch Anpassungen bei den Löhnen. Es gibt mehrere Nachbarkantone, die mit deutlich besseren Anstellungsbedingungen werben können. Dort scheint die Anzahl offener Stellen deutlich kleiner zu sein.

Warum ist die Wettbewerbsfähigkeit der Löhne so wichtig?
Allgemein haben wir einen Fachkräftemangel. Die Arbeitssuchenden können sich ihren Arbeitgeber aussuchen. Gerade in Ausserschwyz ist die Konkurrenz der Nachbarkantone sehr stark spürbar. Man ist von den Höfen oder der March schnell im St. Gallischen oder in den Kantonen Zürich und Zug.

Auch die soziale Anerkennung scheint zu schwinden. Woran liegt das und wie liesse es sich ändern?  
Ich finde es etwas schwierig, wenn – wie aktuell – praktisch jede Person in der Lage sein soll, eine Klasse zu führen. Nach dem Motto: Mache ein wöchiges Kürslein und du bist unsere neue Lehrperson. Da bekomme ich Bauchschmerzen, denn das signalisiert nach aussen, dass Hinz und Kunz Lehrer sein kann, was definitiv nicht so ist. Ich weiss, dass Quereinsteigende eine Bereicherung für unseren Beruf sein können, ich weiss aber auch, dass unausgebildetes Personal für die Lehrerteams eine extrem hohe Belastung darstellen können. Generell ist aber auch festzuhalten, dass nicht nur der Lehrberuf an Reputation eingebüsst hat. Auch Ärzte oder Priester werden nicht mehr kritiklos als «Eminenzen» wahrgenommen, was auch richtig ist. Generell fehlt es aber schon oft an Respekt – ob das ein allgemeines gesellschaftliches Phänomen ist?

Rafael Muñoz

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