In der Rüttiweid, nahe beim Kaltbrunner Siedlungsgebiet, wurden vergangene Woche 14 Schafe gerissen. Drei waren tot, elf mussten verletzt von den Leiden erlöst werden.
Der Wolf geht um. Nachdem in Kaltbrunn am 15. November ein Schaf am Stollenberg gerissen wurde, waren es am 20. November gleich 14 Schafe. Und vor allem auffällig hier – die Rüttiweid ist direkt angrenzend zum Siedlungsgebiet. Ist es ein einzelner Wolf oder ein Rudel? Das wollten die «Obersee Nachrichten» wissen und Simon Meier vom Amt für Natur, Jagd und Fischerei (ANJF) gibt Antwort. Rein von der geografischen Lage her gehe man von einem Einzelwolf aus. Im Kanton leben aktuell drei Wolfsrudel. Das Gamserrugg-Rudel im oberen Toggenburg/Werdenberg, das Calanda-Rudel am Calandamassiv grenzüberschreitend zum Kanton Graubünden und das Schilt-Rudel zwischen dem Weisstannen- und dem Murgtal bis hinein in den Kanton Glarus.
Einzelwolf auf Wanderung?
Einzelwölfe können jedoch überall vorkommen. 2024 konnten im Kanton St. Gallen vier Einzelwölfe genetisch nachgewiesen werden, so Simon Meier. Dass die beiden Risse in Kaltbrunn demselben Wolf zugeordnet werden können, hält Meier für möglich. Bei Rissbeurteilungen vor Ort nimmt die Wildhut DNA-Proben von den Bissstellen, um die Risse einem Individuum zuzuweisen. Diese Analysen benötigen in der Regel drei Wochen, bis ein Resultat vorliegt und können nicht immer einwandfrei zugeordnet werden. Oftmals reicht die Qualität der Probe dafür nicht aus.
Herdenschutz
Gemäss Simon Meier vom ANJF war das gerissene Einzelschaf am Stollenberg in einer durch einen Elektrozaun geschützten Weide. Beim Vorfall in der Rüttiweid sei ein Teil der Weide nicht eingezäunt gewesen, das habe es dem Wolf erleichtert, zur Schafherde vorzudringen. Gemäss Beurteilung der Fachstelle für Herdenschutz gilt diese somit als nicht genügend geschützt. Hört man sich bei Schafe haltenden Bauern um, werde schnell ein Grund gefunden, um eine Herde als «nicht geschützt» oder «mangelhaft geschützt» zu taxieren. Ein Landwirt, der beim Einsammeln der 14 Schafe geholfen hat – er möchte nicht genannt werden – bezweifelt auch, dass in Kaltbrunn ein Einzelwolf der Täter war. Zudem findet er es beschämend, dass hier nicht sofort gehandelt wird. Schliesslich fand der Zugriff im Siedlungsgebiet statt. Anscheinend muss hier noch mehr passieren, bis gehandelt wird, so der Landwirt. Der Kanton sieht anscheinend keinen dringenden Handlungsbedarf. Auf die Anfrage, ob in Kaltbrunn Sofortmassnahmen ergriffen würden, antwortete das ANJF, dass die Fachstelle Herdenschutz Nutztierbesitzer darüber berate und einen wirksamen Herdenschutz empfehle. (Sven Gasser)